16.03.08, 15:12:15
limone
Kavallerie-Säbel M/52
Eigentumstück mit Scheide mit zwei beweglichen Trageringen, Klingenätzungen u.a. Reichsadler und Löwenkopfmotiv, dies deutet auf eine Verbindung des Trägers zu den deutschen Kolonien in Afrika. Reste einer einfachen silberfarbigen Griffwicklung aus zwei dünnen verdrillten Drähten.
Leider kein Hersteller- oder Händlerstempel mehr zu erkennen.
Maße:
Gesamtlänge: 102 cm
Säbellänge: 99 cm
Klingenlänge: 86,5 cm
Klingenbreite: 2,3 cm
Klingenstärke: 8 mm
16.03.08, 15:13:27
limone
Fotos vom Gefäß:
16.03.08, 18:12:00
ulfberth
@ Carsten!
War der Griff beledert, oder mit Fischhaut bezogen? Die relativ kleinformatigen Bilder erlauben leider keine diesbezüglichen Rückschlüsse.
Gruß
ulfberth
16.03.08, 18:33:07
limone
geändert von: limone - 16.03.08, 19:05:22
Hallo ulfberth,
das Material sieht eher wie Leder aus, nach den Abdrücken der Griffwicklung wohl eher
zwei gegenläufig verdrillte Drähte.
Grüße
Carsten
17.03.08, 10:51:42
ulfberth
geändert von: ulfberth - 17.03.08, 10:59:14
Moin!
Zu dem Stück lassen sich diverse Überlegungen an- und Theorien aufstellen. Eine zweifelsfreie Bestimmung des Säbels dürfte aber m. E. schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein. Nicht desto trotz ein interessantes Stück, bei dem es sich lohnt, ein paar Überlegungen darüber zu investieren.
Die zeitliche Untergrenze wird schon allein durch den auf der Klinge verwendeten Reichsadler, also der Reichsgründung 1871, gegeben. Schwieriger hingegen gestaltet sich hingegen die obere Datierung. Durch die bewegliche rechteckige Fingerschlaufenöse würde ich den Säbel vor 1900 einschätzen. Vergleichbare
Kammerwaffen des preussischen Kavallerie-Offizier-Säbels (K.O.S.) – mit blanker Klinge! – lassen sich um 1875 - 1880 datieren.
Die Zuordnung des Säbels nach Afrika erfolgt allein durch die Verwendung des Klingenmotivs mit dem Löwenkopf. Und hier kommen wir zum ersten
Njein.
„Durch seinen Angriffsmut ist er [der Löwe]
Attribut der Fortitudo [Tapferkeit, eine der sieben Kardinalstugenden]
; als Fürst aller Tiere (princeps comnium bestiarium) wird er dem Herrscher gleichgesetzt, zum Sinnbild imperialer Macht (L. n. am Thron) und zum Wappentier.“ (Manfred Lurker; Wörterbuch der Symbolik, 5. Auflage 1991)
Soweit wäre alles klar. Auf der einen Klingenseite der Reichsadler und auf der anderen Seite der Löwenkopf als imperiales Zeichen des Mutes. Also, nix mit Kolonie und Afrika!
Wäre, ja wäre da nicht auch die Verwendung von preussischen 52er Kavallerie-Säbel in den deutschen Schutzgebieten dokumentiert.
Gruß
ulfberth
17.03.08, 10:53:10
ulfberth
geändert von: ulfberth - 17.03.08, 23:26:55
Falls der Säbel etwas mit den deutschen Schutzgebieten zu tun hatte, dann eher in den Anfangsjahren, also vor 1900. Aus diesem Grund hier einmal eine sehr grob gefaßte Schilderung der geschichtlichen Ereignisse:
Die Geschichte der deutschen Kolonien wurde in der Anfangszeit nicht vom Deutschen Reich, sondern von Kaufleuten, Missionaren, Ärzten und Forschern bestimmt. Nach Gründung des Kaiserreichs und dem damit verbundenen „Reichsgedanken" erfolgte die Errichtung von Handels- und Kolonialgesellschaften, welche selbständig in Afrika und der Südsee Land erwarben. Adolf Lüderitz, Dr. Carl Peters sowie Gustav Nachtigal sind in diesem Zusammenhang noch heute bekannt. Die durch Verträge mit den Landes- und Stammesfürsten geschaffenen deutschen Handelsniederlassungen wurden ab dem Jahre 1884 zunehmend unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt. Die dazu erforderliche militärische Präsenz wurde von der Kaiserlichen Marine wahrgenommen. Aufstände der Eingeborenen zwangen ebenso zu deren gelegentlichen Eingreifen wie die zusammen mit anderen Kolonialmächten durchgeführte Küstenblockade zur Unterbindung des noch rege florierenden Sklavenhandels.
Binnen weniger Jahre entstanden so die Schutzgebiete des Deutschen Reiches: Deutsch - Südwestafrika 1884, Kamerun 1884, Togo 1884, Deutsch-Ostafrika 1885, Deutsch-Neuguinea 1884 - 1899, Kiautschou 1897 sowie 1900 Samoa. Die Unterstellung unter den Schutz und die Oberhoheit des Reiches führten aber nicht zwangsläufig zur Aufstellung einer bewaffneten Truppe oder der militärischen Besetzung des Schutzgebietes. Dieses erfolgte erst im Bedarfsfall.
Eine erste militärische Formation (Eingeborenentruppe) wurde bis 1889 von der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft in den Küstenbezirken unterhalten. Im späteren Deutsch-Ostafrika (DOA) wurden die Hoheitsrechte bis 1891 auch nicht vom Reich, sondern von dieser Gesellschaft ausgeübt. Die Eingeborenentruppe erwies sich im Verlaufe des Araberaufstandes (1889) personell als zu schwach für die gestellten Aufgaben. Mit Allerhöchster Kabinetts-Order (AKO) vom 3. Februar 1889 erfolgte die Ernennung von Hauptmann Hermann Wissmann zum Reichskommissar für DOA. In dieser Funktion stellte er eine private (!) Truppe, die sogenannte Wissmanntruppe, auf. Als Führer und Unterführer fungierten deutsche Offiziere und Unteroffiziere, welche sich freiwillig meldeten und für diese Verwendung aus dem Heer ausschieden. Angeworbene farbige Soldaten der Sulus, Sudanesen und Suaheli-Askari vervollständigten die Truppe. Daran angegliedert waren die Landesverwaltung und die Flotte des Reichskommissariats. Letztere bestand aus drei bis fünf Dampfern, welche für militärische und zolltechnische Aufgaben eingesetzt wurden. Nach Beendigung des Araberaufstandes erfolgte die Übernahme der Wissmanntruppe „durch das Reich": Mit Reichsgesetz vom 22. März 1891 wurde daraus die kaiserliche Schutztruppe und somit ein Teil der Wehrmacht des Deutschen Reiches.
Ähnlich verlief auch die Entwicklung der kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika (DSW). Unter Premier-Lieutenant Hugo von François wurde 1889 aus Freiwilligen eine dem (Reichs-) Kommissar persönlich verpflichtete Truppe aufgestellt. Diese paramilitärische Formation wurde denn 1895 als Kaiserliche Schutztruppe DSW dem Reichsheer angegliedert Auch hierbei handelte es sich vorerst um keine dem Reich unterstellte Formation! Dem Reichsheer wurde sie erst 1895 als kaiserliche Schutztruppe DSW angegliedert. Im Gegensatz zur Schutztruppe DOA bestand sie jedoch ausschließlich aus Europäern.
In Kamerun (K) wurde die 1891 formierte Polizeitruppe des Gouverneurs im Jahre 1894 in eine Schutztruppe umgewandelt. Die auch hier später wieder errichtete Polizeitruppe blieb wie auch bei den beiden oben genannten Schutzgebieten eine zivile Einrichtung. Es handelte sich dabei um eine der Zivilverwaltung und nicht der Schutztruppe unterstellte Behörde. Unberührt von diesem Status war selbstverständlich die gegenseitige Unterstützung. Die meisten Polizeibeamten waren zusätzlich Reservisten der Schutztruppen.
Die Schutzgebiete Togo, Samoa und Neuguinea besaßen nur eine der Verwaltung unterstellte Polizei. Kiautschou (Tsingtau) war ebenfalls ein Teil des Deutschen Reiches. Abweichend zu den anderen Schutzgebieten unterstand es aber nicht dem Reichskolonialamt, sondern dem Reichsmarineamt. Demzufolge gab es dort auch keine Schutztruppe François, sondern es wurden Marineteile stationiert.
Bewaffnete Einheiten der Handelsgesellschaften, von François und Wissmann mit ihren Freiwilligen sowie die Schutztruppen mit den meist davon getrennten zivilen Polizeitruppen ergaben für die verschiedenen Schutzgebiete eine heute nur noch schwer zu überschauende Vielzahl an Ausrüstung und Bewaffnung. Klapp-, Bowie-, Busch- und Faschinenmesser, Seitengewehr M71, M 71/84 (in K teilweise mit „Bowie-Klinge"!) und Hirschfänger M 71 lassen sich u. a. für die Anfangsjahre nachweisen. „Waffen und Munition, besonders für die schwarzen Mannschaften, wurden den Beständen der Armee entnommen und gingen bei dem allseitigen Entgegenkommen ohne jede Weitläufigkeit in Wissmanns Besitz über". Etwas besser ist die Quellenlage bei den Offiziersseitengewehren, obwohl auch hier die eine oder andere Wissenslücke bleibt.
17.03.08, 23:24:17
limone
Hallo ulfberth,
es ist doch immer wieder interessant, welche Interpretationsmöglichkeiten die Symbolik so liefert! Ich hätte eher vermutet, dass hier den späteren Prusso-Germanen der Aar näher liegt als der Leu und es eines direkteren Bezuges bedarf, ihn auf einer Waffe abzubilden - aber auch das ist nur fabuliert. Ich bin gespannt auf Deinen "Platzhalter" :)
Grüße Carsten
P.S. Ich glaube, es ist Dir ein Tippfehler unterlaufen - wenn ich mich richtig erinnere, müsste es "princeps omnium bestiarum " heißen (Das P.S. kannst Du löschen).
17.03.08, 23:51:11
ulfberth
geändert von: ulfberth - 18.03.08, 00:11:14
...
P.S. Ich glaube, es ist Dir ein Tippfehler unterlaufen - wenn ich mich richtig erinnere, müsste es "princeps omnium bestiarum " heißen (Das P.S. kannst Du löschen).
Das Zitat wurde wörtlich wiedergegeben. Beschwerden sind direkt an das Lektorat des Verlages zu richten. ;)
Gruß
ulfberth
18.03.08, 00:12:43
limone
Na denn...
Hermann Wissmann und Curt von François:
18.03.08, 00:17:18
ulfberth
geändert von: ulfberth - 18.03.08, 13:35:36
Es gibt zum Thema eine kleine feine Veröffentlichung, in der auch auf die Wappen der Deutsch Ostafrikanischen Gesellschaft DOAG (gemeint ist hier nicht die Flagge mit dem Kreuz des Südens!) mit Löwe und Palme eingegangen wird.
Jörg M. Karaschewski; Flaggen in den deutschen Schutzgebieten, Norderstedt 2005.
Hinzu kommt hier auch das auf der Website abgebildete Wappen von DOA mit dem Löwenkopf vor. Leider stammt diese Wappenentwurf aber aus der Zeit um 1914 und dürften trotz seiner Ähnlichkeit kaum das Vorbild des Löwen-Portraits gewesen sein. Wobei der Umkehrschluß wohl auch zutreffen dürfte.
Website:
Flaggen in den Deutschen Schutzgebieten und dem Pachtgebiet Kiautschou