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Zietenhusar

(Supporter)

Eins meiner Beweggründe, mich mit Blankwaffen zu beschäftigen, ist die Auseinandersetzung mit den Bestandteilen. Dabei spielen vor allem die Materialeigenschaften und deren Bearbeitung eine Rolle. In meiner Handwerkerzeit habe ich mich mit verschiedenen Metallen und Holz beschäftigt. Mit dem Hobby kommt nun noch Leder hinzu. Dabei reizt es mich, mit den mir gegebenen Fähigkeiten und Mitteln auch mal etwas selbst und autodidaktisch herzustellen.

Das hier in diesem Thema ist nicht das erste, wohl aber das herausforderndste Projekt bisher.

Um was geht es? Um die Vervollständigung einer Schwertklinge.
Da das Schmieden aus unterschiedlichen Gründen leider nicht möglich ist, habe ich mir als erstes eine hochwertige Klinge gekauft. Entschieden habe ich mich in diesem Fall für eine Ersatzklinge für das Tinker Langschwert von der Schmiede Hanwei entschieden.

Die einzelnen Materialien für Parierstange, Knauf und Hilze habe ich mir nach und nach besorgt, von Trödelmarkt, Nachbar und eigenem Lagerbestand.

Als erstes kam die Parierstange dran, da sie auf die Angel zuerst aufgeschoben werden muss. Anbei eine Fotodokumentation der Arbeitsschritte. Das Stück Eisen ist ein Flohmarktfund.

Die benötigten Werkzeuge sind:
Standbohrmaschine, Feilen, Metallsäge, Schleifpapier, 115er Winkelschleifer mit verschiednenen Fächerscheiben und ein Drehmel um die Aussparungen herzustellen. Die Rillen für die Kupfereinlagen habe ich mit einem Metallsägeblatt geschnitten.

Für die Einlagen kam 1,5mm² Kupferdraht aus Stromkabel zum Einsatz. Einhämmern, polieren, fertig.

13.06.23, 05:14:01

Zietenhusar

(Supporter)

Die Hilze war eine Herausforderung. Ursprünglich wollte ich sie aus Walnussholz machen, aber durch die Wuchsform des Astes habe ich es nicht hinbekommen. Weitere Versuche mit anderen Rundhölzern scheiterten ebenfalls. Letztendlich kam ein kantiges Stück besser, Die Hilze besteht aus zwei teilen in denen die Angel des Schwertes eingeschnitzt wurde. Darüber habe ich eine Schnur gewickelt und darüber weiches, raues Leder. Schnur und Leder wurden jeweils mit Holzleim auf den Untergrund geklebt und anschließend wieder mit einer Schnur umwickelt um das Leder anzupressen.

Nach dem Aushärten des Leims habe ich die Behelfswicklung wieder abgemacht und das Leder mit Kaffeesud gefärbt. Leider hat die Färbung nicht optimal funktioniert, da der beim Beledern ausgetretene Holzleim eine undurchdringliche Schicht gebildet hat, die trotz nachträglichem Abschleifen und Putzen das Einziehen des Färbemittels mehr oder weniger verhinderte, siehe die letzten beiden Fotos.

Werkzeuge:
Bandsäge, Stechbeitel, Hammer, Raspel, Feilen, Sandpapier, Schleifklotz, Bandschleifer, Winkelschleifer mit Fächerscheibe

Material:
Hartholz, Hanfschnur, Rauleder, Holzleim

14.06.23, 05:07:55

Zietenhusar

(Supporter)

Den Knauf habe ich aus einen Dengelamboss geschnitten.
Das Material war, verständlicherweise, sehr hart. Deshalb musste ich es glühen (2, Foto). Beim Bohren des Angellochs wurden mindestens ein Duzend Bohrer verschlissen.
Leider ist durch das viele Schneiden und Schleifen mehr Gewicht verloren gegangen als mir lieb ist.

15.06.23, 05:06:59

Zietenhusar

(Supporter)

Alles zusammengesteckt und verschraubt sieht das dann so aus. Knauf und Verschraubung gefallen mir noch nicht. Das kommt noch anders.

Der POB*) liegt bei 120 mm vor der Parierstange. Der könnte dichter an der Parierstange liegen wenn der Knauf schwerer wäre. Hab zuviel daran rumgeschliffen.

*) Point of Balance

16.06.23, 05:08:50

Zietenhusar

(Supporter)

Zuletzt noch der Vergleich zum "Original". Die ganze Aktion zog sich ein halbes Jahr hin. Keine Hast, denn es sollte ja auch Spaß machen mit den Materialien zu experimentieren.

16.06.23, 05:11:16

fritz1888

(Moderator)

Glückwunsch!
So viel handwerkliches Geschick hätte ich auch gerne.
Wenn Du vom Original redest, meinst Du das Hanwei Tinker Langschwert?
Hast Du die Arbeitsstunden nachgehalten?

16.06.23, 06:57:11

Jagdsammler

(Moderator)

Ich bin tief beeindruckt!
Deine Formgebung gefällt mir deutlich besser.
Danke fürs zeigen.

16.06.23, 07:53:30

Ulan13

(Mitglied)

Ich kann mich dem Jagdsammler nur anschließen, auch ich finde Deines schöner. Respekt, ganz toll! Besonders die Kupferstreifen auf der Parierstange sehen klasse aus.

Viele Grüße vom Ulanen

16.06.23, 10:37:04

Zietenhusar

(Supporter)

Vielen Dank für Euer positives Feedback. Das ist natürlich das Tüpfelchen aufs I für mich. freuen

Zitat von fritz1888:
Wenn Du vom Original redest, meinst Du das Hanwei Tinker Langschwert?
Hast Du die Arbeitsstunden nachgehalten?
Genau, das "Tinker-Longsword". Die Stunden habe ich nicht gerechnet. Manchmal bin ich nur an der Werkstatt vorbei gegangen und habe ein paar Minuten oder eine Stunde weiter gemacht.

Zitat von Ulan13:
...die Kupferstreifen auf der Parierstange sehen klasse aus.
Die gingen einigermaßen einfach, weil sie gerade sind. Die "hohe Kunst" wäre jetzt noch kurvenreiche Einlagen. Aber dafür bin ich definitiv zu grobmotorisch. Außerdem habe ich kein räumliches Sehen mehr, da machen meine Hände wahrscheinlich nur noch einen Picasso draus. lachen

16.06.23, 16:13:47

Zietenhusar

(Supporter)

Nachdem ich am Freitag von einem Schwertfreund einen gebrauchten Knauf zugesandt bekam, habe ich das Schwert wieder umgebaut. Dieser Scheibenknauf ist etwa das Dreifache schwerer, so dass der POB jetzt bei 7 cm vor der Parierstange liegt. Vorher lag er bei 12 cm.

Erst einmal den Knauf etwas runder gemacht, dann die Kupferdrähte eingearbeitet, die Bohrung für eine Hohlschraube aufgebohrt und zum Schluss mit Salzsäure angeätzt. Die dabei entstandene dunkle Färbung hat mir so sehr gefallen, daß ich die Parierstange auch noch mal abnahm und in Salzsäure legte. Die dadurch entstandene Färbung dient gleichzeitig als Schutz gegen weitere Oxydation (Edelrost).
Die Vernietung ist ein Fake. Der Knauf ist darunter mit einer Gewindehülse bombenfest verschraubt.

Die Kupfereinlagen sind mir nicht gut gelungen. Hatte die Einschnitte in das Material teilweise zu tief gemacht.

17.06.23, 19:33:49
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