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Eisenhauer

(Mitglied)

Ich möchte den Interessierten einen bisher unerkannten Depotfund des Deutschen Klingenmuseums vorstellen.
Es handelt sich um einen Kavallerieoffizierssäbel, bunte, schwere Montur, Echtdamastklinge der Firma WKC. Montur feinst ziseliert und vergoldet.
Steckrückenklinge mit Schör, Klingenrücken mit Händler: F. Noe & Schulze, Hoflieferant Coblenz.
Personifiziert wird das Stück über die Klingenätzung:
v. Brünneck s. l. v. Beneckendorff u. v. Hindenburg, dem bekannten Generalfeldmarschall und späteren Reichspräsidenten, der heutzutage politisch in Ungnade gefallen ist.
Hier erst einmal einen Satz Fotos zum Stück:

16.05.23, 19:56:56

Eisenhauer

(Mitglied)

lesen Kommen wir zur Historie seiner Person:
Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg,
*02.10.1847 in Posen, verstorben am 02.08.1934 in Gut Neudeck. Leutnant seit 04/1866, nahm beim 3ten Garderegiment zu Fuß an der Schlacht von Königgrätz teil. 1873 bis 1876 Kriegsakademie Berlin mit Qualifikation für den Generalstab, 1877 Versetzung zum Großen Generalstab, 1878 Hauptmann, 1881 Mayorsrang im Generalstab der ersten Division, 1891 Oberstleutnant, 1894 Oberst, 1897 Generalmayor,1900 Generalleutnant und Kommandierender des 4ten Armeekorps, anscheinend besuchte er in dieser Funktion die Kriegsschule Engers s. Klingenätzung. 1905 General der Infanterie und abschließend auf eigenen Wunsch Versetzung in den Ruhestand. Bei Kriegsausbruch 1914 mobilisiert. Seinen weiteren Werdegang setze ich als gegeben voraus.

16.05.23, 20:09:54

Eisenhauer

(Mitglied)

Komplizierter wird es beim Schenker von Brünneck. Da habe ich nur zwei Personen Pause erlesen können, die infrage kamen:
1.) Siegfried von Brünneck *21.08.1875, verstorben am 27.05.1927. Referendar verschiedener Amtsgerichte, von 1913 bis 1918 Mitglied des Deutsche Reichstags.
2.) Egmont von Brünneck *19.12.1842, verstorben 22.03.1916.
Kriegsteilnehmer von 1866 und 1870/71, Kammerherr am preußischen Hof.
Vielleicht gibt es noch weitere Hinweise auf diese Person.
Insgesamt ein hochwertiger und historisch interessanter Säbel einer namhaften Person in der Trageweise vor 1905.

16.05.23, 20:16:55

Eisenhauer

(Mitglied)

Und abschließen noch einen herzlichen Dank an "zietenhusar", der immer und unermüdlich meine übergroßen Fotos fragmentiert, zum Teil zu erstaunlichen Uhrzeiten zwinkern

16.05.23, 20:19:00

Ulan13

(Mitglied)

Tolles Stück! Da sieht man mal wieder was in Museumsdepots alles schlummert. So manches Depot gleicht irgendwie Ali Babas Schatzkammer, wer möchte nicht Museumsmaus sein und mal ein bißchen forschen? lachen
Vielen Dank fürs Zeigen dieses Stückes Geschichte!
Grüße vom Ulanen

16.05.23, 22:02:25

fritz1888

(Moderator)

Danke für's Zeigen - ein schönes Stück.
Allerdings stimme ich nicht mit der Story überein, dass es sich um den Hindenburg als Beschenkten handeln soll.

Eine simple Recherche und ein Abgleich der Ranglisten von 1900 und 1901 ergibt, dass es 1901 einen frischgebackener Lt. v. Beneckendorff u. v. Hindenburg im 2. Leib-Husaren-Regiment Kaiserin Nr. 2 gab. Dem würde ich das als Geschenk des Herrn von Brünneck als Erinnering an die gemeinsame Zeit in Engers zuordnen (bei den von Brünnecks gab es mehrere Lts. und die Mühe, das jetzt mal wieder von 1900 auf 1901 abzugleichen mache ich mir jetzt mal nicht).

Jetzt kann, wer will, noch beim 2.LH Regiment in einer Offiziers-Stammliste etc. nach dem entsprechenden von Hindenburg söbern und, presto, hat man wahrscheinlich eine nette Vita und wird auch erforschen können, in welcher Beziehung der Lt. zum GFM stand.

Gegen den GFM spricht ja nun auch, dass er Infanterist war und da hätte man ihm keinen Interims-Säbel für einen Kavalleristen bei einem Besuch in Engers (sofern dieser überhaupt 1900 staffgefunden hat) angedient. So war z.B. der berühmte Ehrendegen auch ein IOD...

Ich hoffe, diese schnelle Recherche und Einordnung hilft weiter, das schöne Stück weiter zu erforschen.

Viele Grüße,

Peter

16.05.23, 22:59:34

fritz1888

(Moderator)

... und bevor jetzt jemand sagt, dass bei dem 2. LH Regiment eigentlich ein Totenkopf und ein Gardestern irgendwie und irgendwo auf das Gefäß gehören...

Ja, das wäre sicher der letzter Beweis, falls sie echt bzw. alt wären.

Die Tatsache, dass diese fehlen lässt sich aber z.B. dadurch erklären dass zum Zeitpunkt der Schenkung es noch nicht klar war, ob Lt. v. Hindenburg zu diesem Regiment kommen würde. Das macht den Säbel nicht weniger interessant und erforschenswert.

Nur noch ein kleiner Nachklapp am späten Abend lachen

16.05.23, 23:06:21

Eisenhauer

(Mitglied)

Hallo, Peter.
Paul von Hindenburg hatte laut Wiki zwei Töchter und einen Sohn.
Dieser hieß Oskar, Wilhelm, Robert, Paul, Ludwig, Hellmuth von Hindenburg etc. und ist am 31.01.1983 in Königsberg geboren.
Auch er entschied sich für die Militärlaufbahn und wurde 1903 beim 3ten Garderegiment zu Fuß Leutnant. "Engers 1900" würde zeitlich passen, aber wiederum nicht der KOS, weil Infanterie.
Eine direkte Linie zum späteren Reichskanzler scheidet damit aus. Inwieweit der von Dir in der Rangliste 1900/1901 aufgeführte Leutnant von 2ten Leib-Husarenregiment zum Stammbaum gehört, bleibt vorerst offen. Beim Schenker komme ich auch nicht weiter, weil mir diese Ranglisten fehlen.
Mit Gruß: Ingo

17.05.23, 11:00:40

Eisenhauer

(Mitglied)

Oh - ein Tippfehler. Der ist natürlich am 31.01.1883 geboren - sorry! mit Augen rollen

17.05.23, 11:02:24

fritz1888

(Moderator)

So, ein bisschen getüftelt und online recherchiert und hier ist Gert Robert Günther Felix Georg Von Beneckendorff und von Hindenburg aus dem 2. LH Regiment bei seiner Heirat 1907. Links der Bräutigam, dann der Vater Otto und dann das Geburstjaht des Bräutigams. Im Internet gibt es unterschiedliche Aussagen zum Todesdatum, aber mir gefällt der 11. Juni 1935, denn dann passt es auch so schön zusammen.

Damit war er ein Neffe des GFM. Übrigens, mit der Rangliste von 1910 trat Hindenburg in die Reserve des 2. LH Regiment über und es könnte sein, dass der Rittmeister beim 4. HR in der Ehrenrangliste von 1928 der gleiche ist.

Bei den von Brünnecks ist es in der Tat nicht ganz so einfach, aber nach einem Abgleich der Ranglisten von 1900 und 1901 kämen zwei Lts in Frage: Einer beim 1. LH Regiment und einer bei der Reserve des 152. IR.

Alles Weitere machen dann bestimmt die Fachleute aus dem Solinger Klingenmuseum.


17.05.23, 14:14:03
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