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DAS FORUM FÜR SAMMLER & INTERESSIERTE
unter dem Dach der
Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 
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Abdank

(Moderator)

Auf Grund der Tatsache, dass ich wieder einige Stücke aus meiner Sammlung aussortiere, habe ich mich wieder mit dem Thema "Marktpreis" auseinandergesetzt, nicht zuletzt weil einen - und der ein oder andere hier wird mir da sicherlich beipflichten - wahnwitzige Angebote erreichen. Ein Thema das für jeden Sammler eine wichtige Rolle spielt und über das gerne geschwiegen wird. Alte Hasen können hier sicherlich aufhören zu lesen, aber vielleicht wird es einmal dem einen oder anderen Anfänger helfen.

Ein schwieriges Thema, sowohl für Massenware wie Ordonanzwaffen, als auch für Unikate.

Ich möchte hier darstellen wie ich die Sache sehe und bin gespannt auf eure Meinungen.
Leider ist es im Metier des Blankwaffensammelns nicht wie bei der Börse wo sich die Aktien eines Unternehmens in nichts unterscheiden. Jedes Stück das nicht bis zum Verkauf im Arsenal lag hat eine andere Geschichte, aber auch die Arsenal- oder Museumsbestände unterscheiden sich sowohl in ihrer Erhaltung als auch Gestalt sehr (siehe z.B. den Rijksmuseumverkauf). Das trifft selbstverständlich in unterschiedlichem Maße auf unterschiedliche Ausführungen zu.

Woran also den Preis festmachen? Woran kann oder sollte man sich bei der Preisvorstellung, sowohl als Verkäufer, als auch Käufer richten? Jeder von uns kennt das Sprichwort: "Es ist immer das wert, was jemand bereit ist dafür auszugeben".

Doch ist es das? Hier muss man die realen Möglichkeiten eines Kaufs/Verkaufs mit der Theorie abwägen, das ist die hohe Kunst und ist bei genug Zeitinvestition und Beobachtung der Besitzerwechsel ("Preisentwicklung") von bestimmten Exemplaren über eine längere Zeit gut zu beobachten.

Ein Beispiel anhand eines markanten Säbels dessen "Werdegang" ich nun seit einigen Jahren mehr oder minder zufällig beobachtet habe. Besagtes Stück ist bei Kenntnis der Materie leicht zu identifizieren.
Eben jener Säbel wurde 2020 in einem Forum für 600 britische Pfund (GBP) angeboten, der damalige Besitzer wusste nicht so recht wie er ihn einordnen sollte und "hat einfach mal einen Preis rausgehauen". Der Säbel ging weg.

Selber Säbel kam ein Jahr später in einer britischen Auktion zum Verkauf und ging für 1200 GBP weg, einfach nur weil er einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurde. Wir sehen, der "Marktpreis" stieg um 100% - nicht weil der Säbel als solcher wertvoller geworden ist, sondern weil sich mehr Sammler darum stritten.
Wieder ein Jahr später ging selbiger Säbel für 4500 € bei einem kontinentaleuropäischen Auktionshaus über die Bühne. An dem Säbel hatte sich immer noch nichts geändert.

Welchen Schluss kann man u.a. daraus für die Realpolitik des Sammlermetiers ziehen? Sicherlich nicht die Inflation oder Mode, sondern dass es einige bestimmbare Faktoren gibt die den Preis eines Stückes maßgeblich beeinflussen:

- Zugänglichkeit: Möglichst viele Sammler erfahren vom Angebot.

- Einfuhrabgaben und rechtliche Beschränkungen: Man könnte meinen "Pille Palle", aber dem ist nicht so. Viele Sammler verzichten in den ersten Stadien der Kaufentscheidung auf ein Stück, wenn es viel Papierkram und höhere Abgaben zu entrichten gibt. Ganz zu schweigen von Stücken die offizielle Ausfuhrgenehmigungen benötigen.

- Vermarktung: Ein Verkäufer der schreibt "Unbekannter Säbel XYZ" wird tendenziell weniger einnehmen als jemand der wenigstens grob weiß was er verkauft.

Abseits von dem vermeintlich Offensichtlichem muss natürlich noch über die Feinjustierung gesprochen werden - und hier führe ich einfach mal das Beispiel des Blüchersäbels auf. Ein international bekanntes und gewolltes Säbelmodell. Doch wie stuft man den Preis ein?
Aus eigener Erfahrung und Gesprächen sowohl mit saisonierten und rationalen Sammlern, als auch wilden Geschäftemachern und dreisten Hanswursts kann ich persönlich einige Postulate anbieten. Vorgemerkt möchte ich klarstellen, dass die schlimmsten Halsabschneider die sich in meinem Posteingang verewigt haben, keine Osteuropäer oder "Balkanier" gewesen sind, da ich diesen Vorwurf schon einige Male gelesen habe.

Bei Säbeln wie dem Blücher (man könnte hier auch bspw. den polnischen WZ. 1934 oder Beliebige aufführen) gibt es, wenn das zu betrachtende Spektrum an Stücken augenscheinlich möglichst homogen zu sein hat (z.B. die Erhaltung), einige Optionen die verschiedene Sammler interessieren und damit den Preis bestimmen:


- Die Truppenstempel: Das reicht von "ist mir egal", über "ich mag Husaren, also muss da ein H stehen", bis hin zu "mein Vorfahre hat in genau dieser Einheit gedient". Man kann sich also denken was entsprechende Vertreter dieser "Stadien" bereit sind zu zahlen, in diesem Gedankenspiel jetzt einmal von gleichen finanziellen Stärken ausgehend.

- Die Erhaltung: Auch hier traf ich auf Sammlerkollegen die sagten "ist egal, Hauptsache ein Blücher an die Wand", über "Muss zumindest alles fest sitzen" bis hin zu "Der Säbel muss die perfekte Balance aus Vernachlässigung der metallenen Oberflächen und dem Fehlen von Oxidationskratern besitzen".

- Intention des Käufers: Mich erreichen bei meinen Veräußerungen überraschend viele halbherzige Angebote von Antiquitätenhändlern oder diesen Typen die denken sie wären solche bei denen getrost alle Hemmungen fallen gelassen werden und die Hälfte vom Wunschpreis angeboten wird. Man muss natürlich bedenken, dass solche ihr Brot damit verdienen, aber nun ja..
Andererseits gibt es hier die herzlichen Sammler die auf der Jagd nach der perfekten Ergänzung für die Sammlung sind oder einfach mal ein bestimmtes Modell besessen haben wollen und beide Seiten mit den besten Intentionen versuchen einen Preiskompromiss zu finden.

Wie findet man denn nun den "besten Preis" für beide Seiten?
Kurzum, und das ist nur meine Meinung, sowohl als Käufer als auch Verkäufer fair bleiben und eigene Wünsche äußern - Kommunikation!
Wenn ein Stück bei einer Auktion angeboten wird würde ich versuchen mindestens zwei vergleichbare Stücke zu finden die in den letzten Jahren gehandelt worden sind und mich an dem Preis orientieren (wenn sonst nichts abschreckendes oder interessantes am Los ist).
Wenn man tatsächlich mal in den Genuss kommt einem Blankwaffenhändler ins Auge zu blicken und die Blankwaffe vorher inspizieren kann (unter Umständen noch andere Objekte begutachten konnte) auch hier Kommunikation und die (hoffentlich vorhandene) Expertise des Profis zu schätzen wissen und einpreisen. Eventuell gibt es noch ein Gutachten zu dem Stück.

Sicherlich nicht die Antwort auf die Frage die man als Anfänger haben möchte, aber ich denke nach einer gewissen Zeit ist das als breve Quintessenz durchaus nutzbar.

Beste Grüße,
Patrick


09.05.23, 23:12:03

Zietenhusar

(Supporter)

Hallo Patrick,

das ist ein sehr interessantes, aber niemals zufriedenstellend beantwortbares Thema.

Um Preise für neuwertige Ware zu ermitteln bedarf es recht wenig, ausser ein paar kaufmännische Berechnungen. Bei Antiquitäten hingegen fallen keine Herstell-, Material-, Fix- und sonstige Kosten mehr an. Diese Sachen sind aus kaufmännischer Sicht längst abgeschrieben und könnten somit entsorgt oder verschenkt werden. Für einige solcher Sachen gibt es aber noch Liebhaber, die darin einen stellenweise hohen Wert sehen. Dann gibt es noch die Geschäftsleute, die die "Marktlage" beobachten, die Connections zu den Liebhabern haben und sich mit den Objekten teilweise ihren Lebensunterhalt verdienen.

Seit dem Internet ist der Daten- und Wissensaustausch unter Sammler recht einfach geworden. Durch Beobachtung haben sich viele Preise nach unten hin eingepegelt. So kannte ein befreundeter Reservistenkrugsammler nur Händlerpreise und die Preise von Sammlerkollegen. Für einen 1 Liter Porzellankrug bezahlte er bis zu 2000€ und für einen 0,5 Liter Steinzeugkrug bis zu 800 €, wenn diese von den Zietenhusaren stammten. Ich habe ihm gezeigt, dass er die Preise drastisch senken kann, wenn er über den Tellerrand schaut. So konnte ich ihm Krüge für unter den halben Preis kaufen, die er sonst so gewöhnt war.

Preise von Blankwaffen:
1. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Das bedeutet, wenn ich etwas verkaufen möchte und keine Wertvorstellung habe, gebe ich es in eine Auktion mit dem Startpreis von 1,00€. Um Zeit und Kosten im Überblick behalten zu können dann in eine deutschsprachige Onlineplattform. Der erzielte Preis ist dann das Ergebnis, das durch die Bieter auf dieser Plattform erreichbar war.

2. Ich biete international an und erhoffe mir dadurch mehr Interessenten. Das Ergebnis wie unter 1. beschrieben, allerdings ohne Garantie auf eine bessere Nachfrage und mit höheren Kosten für mich als Anbieter und für den Käufer für die Fracht- und Einfuhrkosten, falls dieser aus dem Ausland kommt.

3. Einfach mit einer eigenen, durch selbstständige Beobachtungen ermittelten (Wunsch-)Preisvorstellung kostenlos in Foren oder "sozialen Medien" einstellen und warten. Wenn Zeit kein Faktor ist, dann erreicht man irgendwann den "richtigen" Käufer und hat zwischendurch die Möglichkeit den Preis flexibel der Marktlage oder Wunschvorstellung anzupassen.

4. Meine Wunschpreise habe ich bisher mit Käufern erzielt, die sich nicht tiefer mit der Materie beschäftigten. Das waren alle keine Sammler sondern wollten nur mal was weiterverschenken oder ihre Wand mit einer tollen Blankwaffe verzieren.

Dieses Thema ist dermaßen komplex, dass man nur froh drüber wird, wenn man mit sich im Reinen kommt. Käufer und Verkäufer sollen am Ende glücklich sein.

Gruß,
Thomas

10.05.23, 05:23:25

Abdank

(Moderator)

Zitat von Zietenhusar:


Dieses Thema ist dermaßen komplex, dass man nur froh drüber wird, wenn man mit sich im Reinen kommt. Käufer und Verkäufer sollen am Ende glücklich sein.


Schön gesagt und so ist es!

10.05.23, 08:28:11
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