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Abdank

(Moderator)

Da nach kurzer Durchsicht dieses Modell hier noch nicht vorgestellt wurde wollte ich euch diesen Säbel für die leichte Kavallerie nach französischer Art vorstellen.
Da ich leider meine Petards vor kurzer Zeit veräußert habe kann ich nur wiedergeben was mir im Kopf hängen geblieben ist und freue mich über Ergänzungen bzw. Korrekturen.

Grundsätzlich wurde dieses Modell wohl 1777 auf Grundlage von österreichischen und ungarischen Säbeln in Frankreich eingeführt (a la Hongroise) und entwickelte sich phänotypisch etwas weiter bis es wohl im Jahr IV nach dem franz. Revolutionskalender ( der wohl etwas schräg geraten ist ) neu reguliert wurde und seit dem auch als Modell AN IV bekannt ist.

Diese Säbel wurden von allen Arten der leichten Reiterei genutzt, wobei die Husaren wohl die Drahtwicklung verabscheuten, wohingegen die bekannten Chevau-legers polonais de la Garde Imperiale eben Ausführungen mit Drahtwicklung und einer Scheide mit an den Seiten durchgehendem Messingblechen benutzt haben. Der Scheidenbeschlag konnte auch aus Stahl bestehen (wohl spätere Fertigung).

Die Ausführungen scheinen sehr zu variieren. Die Klingen haben am häufigsten "KLINGENTHAL" auf dem Rücken, manchmal gar keine Herstellermarke oder wie in diesem Falle wohl auch die "Gebr. Weyersberg in Solingen". Wenn ich mich recht erinnere nahmen die Letzteren ihre Arbeit 1791 auf (?). Auf vielen Klingen der französischen Verwendung finden sich Liktorenbündelmarken als Abnahmestempel auf der Terzseite. Oder die Inschriften "Rep + Franc" o.ä. .
Die Schleppbleche variierten in Ihrer Form wohl auch stark.

Die Gefäße waren häufig gepunzt. Damit stellt sich hier die Frage ob der hier vorgestellte Säbel von einem französischem Kavalleristen privat angeschafft wurde und sich einer Prüfung entzogen hat (Über diese Möglichkeiten weiß ich leider nichts) oder ob es sich hierbei um einen Säbel für einen Kavalleristen aus einer anderen Region handelt (es sind z.B. zwei dieser Säbel bekannt die von Zürchern Husaren verwendet wurden und eben keine französischen Punzen aufweisen). Hier nur an den Ringen jeweils die Punze "A".

Das Griffleder scheint authentisch zu sein, weist wenige Wurmlöcher auf, ist etwas vertrocknet und weist eine Schrumpfung auf, die in der Rille zwischen Griffband und Leder die Naht und etwas Holz erkennen lässt.

In der Mitte der Scheide befindet sich eine Perlmutteinlage die etwas an alte Casinochips erinnert. Diese waren damals ähnlich groß und geformt und in gehobeneren Etablissements aus Perlmutt.
Die Messingelemente der Scheide werden von jeweils einer Klammer auf der Quartseite fixiert, wahrscheinlich noch zusätzlich geklebt.
An den Messingbeschlägen der Scheide finden sich terzseits und lederwärts jeweils florale Dekorationselemente mit Rahmen die sich auf die Quartseite ausweiten.

Eine interessante Auffälligkeit ist das unterschiedliche Ausmaß der Beschädigung der distalen Scheidenelemente aus Messing: Quartseitig deutlich ramponierter was wohl aus den Schlägen während des Reitens resultiert. Siehe Anhänge.

Die Maße [cm]

Gesamtlänge mit Scheide: 98
Gesamtlänge ohne Scheide: 97
Klingenlänge: 85
Klingenbreite: Am Gefäß 3,5 Im Verlauf: 3
Klingenrücken: 0,9

Zusammenfassend würde man diesen Säbel provisorisch wohl als "Husarensäbel zwischen 1791 und 1800, Frankreich (?)" bezeichnen dürfen.

Fechterische Analyse

Der Vergleich mit den Säbeln M1811 "Blücher" (vor 1831; Preussen) und M1796 Light Cavalry (1813, UK für die Niederlande) zeigt mit dem "AN IV" einen gut ausbalancierten (vertikal, ca 18 cm vom Gefäß), aber sehr auf vertikale Hiebe aus der oberen Auslage beschränkten Säbel. Der 1796 Truppensäbel (vertikal ausbalanciert) erscheint klumpiger, langsamer und schwerer. Der "Blücher", hier ist nennenswert dass er horizontal austariert ist (!), erscheint insgesamt besser ausbalanciert, vielseitiger im bequemen Umgang aus verschiedenen Lagen und tatsächlich leichter. Letzteres evtl. nur durch die "bessere" Ausbalancierung. Gewogen habe ich noch nicht. Während in der klassischen Charge der AM IV und M1811 wahrscheinlich ähnlich waren, scheint der M1811 im Vorteil zu sein sobald es um komplexeres Fechten geht, da er auch einfacher nach einem geraden Hieb "zurückzuziehen" ist. Beim Franzosen bedarf es mehr Kraft den Hieb zu stoppen und die Klinge wieder in die Ausgangslage zu führen. Selbes beim Briten, wobei sich der nochmals schwerer in der Bewegung anfühlt. Der "AN IV" und M1811 besitzen Klingen Solinger Herstellung (Weyersberg und S+K), der M1796 britisch (Josh Reddell).


15.03.23, 13:03:37

Abdank

(Moderator)

Und hier einige Vergleichsbilder aus dem Internet.

15.03.23, 13:22:26

corrado26

(Super-Moderator)

Nach Aries ist das ein Husarensäbel M 1786. Ein ähnliches Stück mit durchgehender Messingscheide aus Klingenthal zeigen die nachfolgenden Bilder.

16.03.23, 10:40:31

Abdank

(Moderator)

Danke fürs Zeigen und den Hinweis.
Vielleicht könntest du etwas Licht auf die Unterschiede zwischen den Bezeichnungen "M1786", "M1777" und "AN IV" werfen?


16.03.23, 13:12:33

corrado26

(Super-Moderator)

Es ist mir jetzt erst aufgefallen, dass die Mitteleisen des zuerst eingestellten Säbels symmetrisch angebracht sind, oberer und unterer Teil sind jeweils gleich lang. Dies ist nach L'Hoste/Resek ein Merkmal des Husarensäbels 1783 - damit ist meine erste Aussage Makulatur!. Beim von mir eingestellten Säbel ist der obere Teil der Mitteleisen kürzer als der untere Teil, was nach Aries ein Merkmal des Säbels 1786 ist. Zum Säbel M an 9 gibt L'Hoste/Resek an, dass die Griffkappe eine flachen Rücken hat und die Klinge 84 cm lang ist, währen die Klingenlänge der vorigen Modell durchweg 81,21 mm beträgt. Weitere Details anzuführen, käme einer Doktorarbeit nahe..................

16.03.23, 16:43:35

Abdank

(Moderator)

Zitat von corrado26:
Es ist mir jetzt erst aufgefallen, dass die Mitteleisen des zuerst eingestellten Säbels symmetrisch angebracht sind, oberer und unterer Teil sind jeweils gleich lang.


Das stimmt so nicht ganz. Das untere Mitteleisen ist einige Millimeter länger, aber ob das vorsätzlich oder durch ungenaues Arbeiten geschah kann ich nicht einschätzen.

17.03.23, 13:10:18
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