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Abdank

(Moderator)

Ich möchte euch hier ein Exemplar eines tatarischen Säbels vorstellen welcher sich mal in meinem Besitz befand. Da Originale recht selten sind und Fälschungen sich häufig ähnlich sehen wird sich der ein oder andere vielleicht daran erfreuen.

Diese Gestaltung eines Säbels war vom 17. bis ins späte 18. Jahrhundert vorwiegend auf dem Gebiet der ehem. polnisch-litauischen Union und seiner angrenzenden Gebiete in Benutzung. Der Ursprung liegt aber laut Forschungsstand bei den Tataren der Schwarzmeerregion. Die Polen und Litauer haben sich diesen Exoten bestimmt anfangs als Beute angeeignet und später importiert oder selber produziert. Der Name "Ordynka" ist die polnische Verniedlichung für "Orda", ein altes Wort für "Horde". Die tatarischen Besuche in Polen-Litauen waren allerdings alles andere als niedlich, oft folgten ein langer Fußmarsch, Krankheit und Sklaverei. Im Verlauf der Geschichte entstanden aber auch tatarische Gemeinschaften mit denen friedlich zusammen gelebt wurde. Das hier vorliegende Exemplar dürfte aber tatarischen Ursprungs sein. Die Maße muss ich leider schätzen, da ich die Kartei nicht wiederfinde mit Augen rollen

Länge: ca. 80 cm
Klingenlänge: ca. 65 +/- 2 cm
Klingenbreite an der Konvexität der Welle: ca. 3cm
Klingenrücken: ca. 6 mm

Entgegen der häufigen Restaurations- und Fälschungspraxis waren die Griffe nicht immer mit weißer Rochenhaut bespannt, sondern wie in diesem Falle auch mit Stör- oder Haihaut.

Die Schmiedemarke konnte ich nicht identifizieren. Es handelt sich aber meiner Ansicht nach nicht um ein Stammeszeichen (Tamga). Die bei diesem Exemplar auf der Terzseite am Gefäß befindlichen Kerben konnte ich bei völlig anderen Blankwaffen späterer Produktion beobachten. Erklären kann ich sie mir nicht.

Die Teile des Gefäßes sind aus Messing. Die Griffkappe ist für gewöhnlich etwas länger und abgewinkelter, aber auch da gilt "Achtung: keine Ordonanzwaffe!". Die Nietkappen schienen aus Eisen oder Stahl zu sein. Gut möglich, dass diese aber später nachgearbeitet wurde. Das untere Mittelweise ist häufig länger als das obere. Stilelement oder praktischer Nutzen eines stabileren Sitzes in der Scheide, wer weiß.

Die Scheiden waren für gewöhnlich aus Birkenholz und häufig unterschiedlich zu Terz- und Quartseite bezogen, bspw. Ziegenleder-Rochen. Das Exemplar muss leider mittlerweile ohne solche auskommen.

Es existieren noch Verwandte Arten, namentlich die "Czeczuga" und "Ormianka". Man kann diese Information getrost als minder interessant abtun, da Blankwaffennomenklatur im 17. und 18. Jhd. nicht streng befolgt wurde. Verallgemeinerd sei gesagt, dass die Czezuga bei tatarischem Gefäß (wie oben) eine Klinge besitzt die an einen Störkopf erinnert (sehr langer schmaler Ort zum Stich geeignet, im Mittelteil der Klinge aber auch zum Hieb). Die Ormianka ist wieder einmal eine Verniedlichung des Wortes Ormian, was einfach nur "Armenier" bedeutet und auf die rege Tätigkeit von Armeniern im Bereich von Lwów (heute in der Ukraine: Lwiw, zur Zeit der polnischen Teilungen unter Österreich-Ungarn: Lemberg) hindeutet. Dort wurden alle möglichen Typen von Blankwaffen hergestellt und diese Bezeichnung sollte damals einen Säbel wohl distinguieren. Einen eigenen Typus "Ormianka" sehe ich nicht, obwohl ich weiß, dass es "Experten" gibt die da gerne eine Definition ins Korsett zwingen.

28.02.23, 21:38:14

Abdank

(Moderator)

Und hier zum Vergleich die gängigen Kopien. Etwas gealtert können sie ganz schön überzeugend aussehen.

28.02.23, 21:51:07

Preussen

(Mitglied*)

Guten Tag Abdank
und besten Dank für einen informativen, interessanten Beitrag! Der heutige Besitzer des Säbels kann (wird) sich freuen .
Gruss
Preussen


02.03.23, 18:18:52
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