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DAS FORUM FÜR SAMMLER & INTERESSIERTE
unter dem Dach der
Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 
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Abdank

(Moderator)

Zitat von Zietenhusar:
Inzwischen ist nicht mehr so sehr die aktuelle Bastelei das Problem, sondern, dass so viele Jungsammler diese Basteleien und Kopien als Originale ansehen und diese auch als solche verteidigen.


Das kann ich sehr nachvollziehen. Ich selber bin erst vor drei Jahren dazu gekommen meinen ersten "echten" Säbel zu ergattern. Das geschah von einem Tag auf den anderen und obwohl ich langjähriger Fechter war (historisch und olympisch), ist mir nie zuvor in den Sinn gekommen ein Original dessen anzuschaffen, wofür ich eigentlich seit meiner Kindheit begeistert bin. Ich habe antike Blankwaffen immer als etwas Mystisches und Besonderes in Museen und als unbezahlbar gesehen. Eine kurze erste Recherche hat mich eines besseren belehrt.
Der Punkt auf den ich damit kommen will ist - und das trifft sicherlich auf den ein oder anderen Jungsammler zu - dass erst nach dem Kauf bei einer Auktion, welche bekanntermaßen eine mehr oder weniger schnelle Kaufentscheidung abverlangt, die Recherche anfing. "Hilfe, habe ich gerade sehr viel Geld ausgegeben für etwas was nicht das sein könnte was es sein soll". Mich persönlich hat es gleich doppelt erwischt, weil sich mein Interessensgebiet schon vor der Absicht zu sammeln weitab jeglicher Muster bewegte.

Ich selber bin noch in der "alten Welt" aufgewachsen, kein/wenig Internet(-inhalt) und viele Bücher, doch ich merke auch an meinem Bekanntenkreis (größtenteils Akademiker), dass kaum jemand sich in seiner wohlverdienten Freizeit intensiv mit jeglicher Fachliteratur auseinandersetzt und das kann ich vollkommen verstehen. Wenn nun ein Jungsammler gerne ein Stück haben möchte, aber nicht die nötige Vor- oder Nacharbeit leistet sein Objekt zu recherchieren, so entsteht zweifelsohne die von dir genannte Konstellation des sturen Beharrens auf der eigenen und manchmal unfundierten Meinung. Gemischt mit einer heutzutage häufigen Ignoranz gegenüber Fakten und dem paradoxen Verhältnis zum Internet (eine Info kann richtig, kann aber auch kompletter Unfug sein, man weiß es nie so richtig beim Großteil der Quellen) wundert es mich nicht, das bei unsystematischem oder fehlendem Herangehen an die Recherche eine gewisse Trotzhaltung eingenommen wird. Natürlich spielt da die Versagensangst auch eine Rolle.

Etwas was meiner Meinung nach sehr zu dem Problem beiträgt ist die Weigerug von manchen renommierten Auktionshäusern für die von denen verlangten Auktionsgebühren auch zu arbeiten. Zweifelhafte Objekte werden entweder wissentlich oder eben ohne Einbeziehung von Experten fälschlicherweise als Originale für -und das ist der entscheidende Punkt- Preise verkauft die denen authentischer Exemplare entsprechen. Das jemand mit genügend finanziellen Mitteln und wenig Wissen so etwas hochpreist ist eine Sache, aber nun sieht der Jungsammler ein ähnliches Objekt für einige Tausend Euro über die Bühne gehen und hat plötzlich sogar eine vermeintlich akkurate Grundlage sein eigenes, potenziell nicht authentisches Stück als solches anzusehen.

Wie schon gesagt, ich bin selber noch nicht lange dabei und ich weiß nicht wie es früher gewesen ist. Wenn ich aber sehe, dass die Leute eines bekannten Auktionshauses einen preußischen Artilleriesäbel (oder was auch immer es vor einigen Monaten war) als Blüchersäbel anbieten, dann weiß ich einfach nicht was ich sagen soll. Von den ganzen Husarensäbeln aus dem 17. und 18. Jahrhundert ganz zu schweigen. Ich verstehe, dass ein, zwei Experten im Hause nicht alle Blankwaffen die in der Zeit zwischen 800 und 1800 existierten genau kennen können, aber dann sollte man fair sein und nicht einfach irgendwas in die Beschreibung eines Objekts pflastern. Ganz zu schweigen von dieser seltsamen Attitude die Phrasen "im Stile von", "aufwendige Sammleranfertigung", etc. zu benutzen. Ich habe heute in diesem Forum die "Fachwörter der Blankwaffenkunde" von Seifert gefunden und würde mich freuen wenn die Häuser schlicht das Wort "Kopie" benutzen würden. Selbst "Replik" täte es nach Seifert nicht. zwinkern

Das Thema entwickelt sich gerade in eine Richtung die gänzlich vom Titel abkommt, das tut mir wohl Leid lachen

Beste Grüße,
Patrick

24.02.23, 23:14:04

Zietenhusar

(Supporter)

Zitat von Abdank:
Das Thema entwickelt sich gerade in eine Richtung die gänzlich vom Titel abkommt, das tut mir wohl Leid lachen
Das Thema entwickelt sich! Ob es damit von irgend etwas abweicht ist nebensächlich, denn zum einen sind wir von Deinem Ursprungsanliegen nicht ganz soweit entfernt und zum anderen befinden wir uns hier im "Stammtisch".

Patrick,

Du triffst den Nagel mit jedem Deiner Worte auf den Kopf. Was ich über die Jahre inzwischen als gegeben ansehe und kaum noch emotional betrachte, hast Du für mich neu entdeckt und sehr passend niedergeschrieben.
Auktionshäuser übernehmen, der Einfachheit halber, die Beschreibungen der Einlieferer. Das spielt ihnen in die Hände, da sie künftig und vielleicht auch jetzt schon, für jedes Exponat dankbar sein müssen.
Ein weiteres Problem stellt die Betrachtungsweise einiger Besitzer dar. Beispielsweise lese ich oft von Mitzwanzigern, dass sich das vermeintlich originale Objekt mindestens 40 oder 50 Jahre in Familienhand befindet. Aus der Sicht dieser jungen Menschen ist das alt und somit muss das original sein. Rechnen wir diese Jahre zurück, dann befinden wir uns mitten in der Zeit der bunten Sammlerwaffenkataloge mit neu gefertigten Objekten aus aller Herren Länder. Das viele Jahre anhaltende Anfassen und schlecht Lagern lässt sie zudem alt und gebraucht aussehen. Man kann den jungen Menschen nicht einmal einen Vorwurf machen. Aber auch ältere Besitzer -ich nenne sie absichtlich nicht Sammler- kämpfen ums Verderben dagegen an, wenn man ihnen schlüssige Argumente liefert, warum dieses und jenes nicht sein kann.

Fälschungen und Kopien sind ein spezielles Thema. Was ich die vergangenen Monate für wirklich viele Tausend Euro über "den Tisch" habe gehen sehen ist erschreckend. Hier gegen zu wirken ist zwecklos, denn zu jedem Fälscher gehört ein williger Käufer. Beide werden sich nicht belehren lassen. Werden diese Objekte irgendwann einmal vererbt und/oder in den Handel gebracht, werden neue Fachbeiträge darüber verfasst und der Lauf der Dinge ist kaum mehr aufzuhalten. Was wir machen können ist, unsere Bedenken und Argumentationen hier und da niederzuschreiben und darauf hoffen, dass sie von so vielen Interessenten wie möglich gefunden und gelesen werden.

Wie dem auch sei, die Diskussion darüber sollte erhalten bleiben und immer wieder aufgefrischt werden, um ernsthafte und lernwillige Sammler zu sensibilisieren. Ich weiß selbst gar nicht mehr, wie oft ich dem Geschwafel irgend eines Anbieters auf dem Leim gegangen bin. Trotzdem habe ich mich vom Sammeln nicht abhalten lassen, die Gemeinschaft Gleichgesinnter gesucht und gefunden. Dass ich jetzt nicht mehr sammle hat noch andere Gründe, aber das Interesse hat nie nachgelassen. Deshalb kämpfe ich an einigen Fronten gegen Irrglauben und Fehlinterpretationen.

Gruß,
Thomas

25.02.23, 03:59:28

Clouseau

(Mitglied)

Zitate:

„…Zweifelhafte Objekte werden entweder wissentlich oder eben ohne Einbeziehung von Experten fälschlicherweise als Originale für -und das ist der entscheidende Punkt- Preise verkauft die denen authentischer Exemplare entsprechen. Das jemand mit genügend finanziellen Mitteln und wenig Wissen so etwas hochpreist ist eine Sache, aber nun sieht der Jungsammler ein ähnliches Objekt für einige Tausend Euro über die Bühne gehen und hat plötzlich sogar eine vermeintlich akkurate Grundlage sein eigenes, potenziell nicht authentisches Stück als solches anzusehen…Von den ganzen Husarensäbeln aus dem 17. und 18. Jahrhundert ganz zu schweigen.“ und

„Wie dem auch sei, die Diskussion darüber sollte erhalten bleiben und immer wieder aufgefrischt werden, um ernsthafte und lernwillige Sammler zu sensibilisieren“


Beidem ist vollumfänglich zuzustimmen.

Und ich empfehle in diesem Sinne einen kritischen Blick auf den Säbel, auf den in diesem Thema im Beitrag vom 08.02.23 hingewiesen wurde (mir nur von den im Auktionskatalog gezeigten Fotos bekannt).

Wobei sich dann als nächster Schritt die Frage stellt, ob der dort erzielte Kaufpreis irgendeine Bedeutung bei der Wertermittlung eines originalen altpreußischen Husarensäbels hat.


25.02.23, 11:11:25

Abdank

(Moderator)

Clouseau,
war an dem von dir genannten Stück im Rahmen der Bewertung per Fotografien etwas zweifelhaft und könnte so den anscheinend niedrigen Preis rechtfertigen?

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"Das spielt ihnen in die Hände, da sie künftig und vielleicht auch jetzt schon, für jedes Exponat dankbar sein müssen."

Thomas,
also siehst du entweder eine zunehmende Hortung von Objekten oder einen zunehmenden Bedarf? Beides? Seltsamerweise, das mag wirklich nur subjektiv sein, habe ich das Gefühl, dass vor einigen Jahren das Angebot reichhaltiger war als zum jetzigen Zeitpunkt. Sowohl in den großen Auktionshäusern, als auch auf den "ebays".

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Als Anmerkung zu meinem letzten Beitrag wollte ich noch komplementär beifügen, dass ich zwei andere Faktoren die in der Hinsicht eine Rolle spielen mit Besorgnis beobachte:

1. Es gibt wirklich fähige Schmiede mit Fachkenntnis, die hervorragende Kopien herstellen ohne jedes Exemplar zu stempeln bzw. die Originalmarken kopieren. Das ist kritisch.

2. Die Forschung entwickelt sich durchaus auch im Bereich der Blankwaffen weiter. Manche Experten und Sammler der alten Garde scheinen sich meiner Erfahrung nach etwas gegen neuere Erkenntnisse zu wehren. Als Paradebeispiel in meinem Sammelgebiet fällt mir sofort W. Zablocki ein, der mit "Ciecia prawdziwa szabla" das Standartwerk für polnische Säbel geschaffen hatte. Was die Beschreibung der Maße der Säbel anging hat er phänomenal gearbeitet, jedoch auch vieles selber interpretiert ohne jegliche Hinweise wie und mit welchen Quellen er diese Behauptungen aufstellte. Vieles wird bis heute blind übernommen (auch von Museumskuratoren) obwohl es Hinweise gegen manche Behauptungen gibt. Das Buch wurde meiner Erinnerung nach in den Siebzigern des letzten Jahrhunderts geschrieben. Das Problem betrifft natürlich überwiegend Exemplare vor der Einführung von Mustern.

25.02.23, 14:56:58
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