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schwekapi

(Moderator)

Teil 15 - Dragonerboställe

Natürlich ist es auch möglich, das System von der anderen Seite aufzulösen.

Auf der vorliegenden Karte kann man lesen: Brunna Dragonerboställe. Ganz wichtig ist auch der Ort wo sie abgeschickt wurde - Uppsala 1904.

Vorwegnehmen muss man jedoch, dass in Schweden für das Torp der Kavallerie viele verschiedene Namen gebräuchlich waren. So zB.: Reitertorp, Husartorp, Reiterboställe, Dragonerboställe u. s. w. Für die Infanterie gab es diese Besonderheiten nie. Vermutlich liegt es daran, dass die berittenen Einheiten sich immer als was besseres als die Infanterie, betrachteten. Das war in Schweden nicht anders.

Das Datum 1904 zeigt, dass die Umwandlung noch einige Jahre gedauert hat. Die Indelta Soldaten wurden ja nicht einfach rausgeschmissen. Soweit ich mich erinnere, bekam der letzte im Jahr 1923 seinen Abschied.

Der Absendeort gibt uns Aufschluss, dass der Ort nördlich von Stockholm liegt. Also liegt das Leibregiment Dragoner als Heimatregiment nahe. Die Leibgarde zu Pferd kann es nicht sein, da wir ja schon gelesen haben, dass es ein geworbenes Regiment war.

Es muss also in der Tabelle nach "Brunna" gesucht werden. Alles andere ergibt sich, wenn man die Tabelle rückwärts studiert. Das wäre natürlich nicht genau möglich, wenn in dem Ort zwei oder drei Reiter gelebt hätten. Hier passt es jedoch. In Brunna lebte der Reiter Nummer 93 der Sigtuna Schwadron. Der Ort liegt im Kirchspiel Kulla, Kreis Lagunda, im Bezirk Stockholm.

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In den nächsten Tagen folgt noch Teil 16 - Vor- und Nachteile des Systems. Das ist dann der Schluss dieses Themas.


Gruß vom alten Schweden,
Thomas
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Die Liebe des Volkes ist meine Belohnung.
Wahlspruch von König Carl XIV. Johan
09.03.21, 20:57:46

schwekapi

(Moderator)

Teil 16 - Vor- und Nachteile, interessantes und manches Eigenartiges

Einige vor- und Nachteile findet man schon in Teil 3.
Vorteile

Vorteile


Ein stehendes Heer von 35.000 Soldaten stand immer zur Verfügung.

Es mussten keine Kasernen gebaut und unterhalten werden.

Die Ausgaben für die Steuererleichterungen für die "Rote" und Rüsthalter waren nur ein Bruchteil dessen, was für ein stehendes Heer bezahlt werden müsste.

Der Dienst als Indelta Soldat war ein sozialer Aufstieg der Soldaten.

Die Bauern konnten auch in Jahren der größten Kriegsanstrengungen ihre Ernten einfahren (es gab ja keine Pressungen) und das Getreide - vermutlich - schön teuer an die Krone verkaufen. Da die Staatskasse leer war, haben die Bauern mit Sicherheit noch mehr Steuererleichterungen ausgehandelt.

In Friedenszeiten und nachdem Schweden 1814 neutral wurde, war das System natürlich am attraktivsten.

Nachteile, Interssantes und manches Eigenartiges


Das System wurde in Carl XII nordischen Krieg von 1700 - 1721 bis an seine Grenzen strapaziert. Da er alle Regimenter mit auf seinen Feldzug nahm (erst gegen Dänemark - Norwegen, dann gegen Sachsen - Polen und zum Schluss gegen Russland) mussten jedoch auch Regimenter Schweden bewachen. Dafür wurden die "3 männing Regimenter" ausgehoben.

(männing - dieses Wort ist heute in Schweden eher unbekannt. Früher bedeutete es mal "Cousin 2. Grades". Dieses Wort wird aber heute nicht mehr genutzt und bedeutet auch nicht das militärische Wort. Man kann es in dem Zusammenhang eher als Kunstwort betrachten. Ins heutige übertragen bedeutet es in etwa "Ersatzregiment".)

Das heißt (am Beispiel der Kavallerie): 3 Rüsthalter mussten zusätzlich einen Reiter stellen und ausrüsten.

1702 brauchte Carl XII. dringend neue Regimenter und es wurden das erste Mal "5 männing Regimenter" gebildet.

Das heißt: 5 Rüsthalter mussten einen Reiter stellen und ausrüsten.

Diese gingen jedoch in Russland unter.

Daher mussten 1709 noch einmal "5 männing Regimenter" gebildet werden.
Man kann jetzt schon erkennen, dass das an die Existenz der Bauern ging.

Jedoch mussten diese Regimenter bis 1721 noch ein oder zwei Mal ausgehoben werden.

Bei der Infanterie verhielt es sich ebenso.
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Es kam sogar zum Teil aus Geldmangel zur Umwandlung von Kavallerie zur Infanterie.

Um 1750 reifte die Erkenntnis in Schweden, dass die Kavallerie viel zu groß war. Ab 1770 wird daher die Nordschwadron (vier Companien) des Bohuslän Regiment zur Infanterie umgewandelt. 1777 war der Vorgang abgeschlossen. Die Südschwadron sollte weiterhin Kavallerie bleiben. Das Regiment hieß daher auch Bohuslän Regiment zu Pferd und zu Fuß. Das änderte sich auf drastische Weise in den nächsten Jahren.

Im Krieg von 1788 bis 1789 gegen Dänemark hatte Schweden kein Kriegsglück. Das dänisch-norwegische Heer besiegte die Schweden bei Kvistrum 1788 total. Wenige Tage nach dem Sieg hatten die Dänen und die Norweger die Hauptteile von Bohuslän und Dalsland eingenommen (siehe auch die Karte im Anhang). Die Ausrüstungsteile und Waffen welche nach der Schlacht bei Kvistrum erbeutet wurden, sollten per Boote nach Norwegen gebracht werden. Bei einem Halt in der Nacht in einem kleinem schwedischen Hafen, überfielen Bauern die Boote und schleppten fast alles weg. Der dänische Oberbefehlshaber betrachtete die schwedischen Kaperungen als ein Verstoß gegen den Waffenstillstand. Als Vergeltung beschlagnahmte er 117 Dragonerpferde mit Sattel und Zubehör sowie die dazugehörigen Pistolen in Bohuslän. Sie standen bei den Rüsthaltern, weil die Südschwadron Dienst bei der Schärenflotte tat. Es war immer mal üblich, dass Reiter oder Infanteristen bei der Schärenflotte eingesetzt wurden (Sie wurde auch Armeeflotte genannt, weil sie dieser unterstellt war). Jetzt kommt das Dilemma. Da das in Kriegszeiten geschah, war die Krone für den Ersatz zuständig und nicht der Rüsthalter. Die Staatskasse war jedoch leer. So wurde 1791 auch die Nordschwadron (vier Companien) des Bohuslän Regiment zur Infanterie umgewandelt.
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Man muss auch erwähnen, dass besonders von 1793-1804 mutwillig Vakanzen geschaffen wurden. Die Herrschaft von Gustaf IV. Adolf beanspruchte die Staatskasse auf empfindliche Weise. Da er sich nicht damit abfinden wollte, dass der französische König abgesetzt wurde (französische Revolution), führte er sinnlose Kriege an 3 Fronten, gegen Frankreich von schwedisch Pommern aus, gegen Norwegen, was damals noch zu Dänemark gehörte und gegen Russland in Finnland - was im Endeffekt dazu führte, dass Russland Finnland okkupierte und Pommern an Preußen ging.

Also ließ Gustaf IV. Adolf in den Regimentern Vakanzen schaffen (ca. 10-20 pro Regiment) und strich die Zahlungen der Bauern ein (also was sie dem Soldaten zahlen müssten und sparte sich auch die Steuererleichterungen) und füllte damit das Staatssäckel.

Zusammenfassung


Trotz der vielen negativen Punkte, war das System für die Bauern und die Soldaten immer ein beliebtes System. Denn auch wenn es oft Vakanzen gab, waren die Regimenter immer fast vollzählig. Es war nie so, dass ein Regiment aufhörte zu existieren, weil es keine Soldaten gab. (Ich habe das in einem der Teile schon erwähnt - wenn es damals schon Telefon gegeben hätte, hätte es die Vakanzen, weil keine Bewerber da waren, nicht gegeben. Wie sollte denn in den damaligen Zeiten ein eventueller Bewerber in 50 km Entfernung, von der freien Stelle wissen?) Für die Bauern war es gut, weil natürlich an den Abgaben für die Soldaten gut gespart werden konnte. Ich vermute auch, dass die Steuern wesentlich höher wären und öfter auch erhöht würden. Das was man den Soldaten zahlte, war, mit einigen kleinen Anpassungen, immer gleich.

Für die Soldaten war es wohl so, wie ich es am Anfang geschrieben habe - ein sozialer Aufstieg.

Ich danke allen Lesern aber auch allen zukünftigen Lesern für ihre Aufmerksamkeit.



Gruß vom alten Schweden,
Thomas
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Die Liebe des Volkes ist meine Belohnung.
Wahlspruch von König Carl XIV. Johan
12.03.21, 16:50:51
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