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Der Begriff „gesetzlich geschützt“ bezieht sich in diesem Fall auf die Klingendekoration mit den geätzten Motiven und der damit verbundenen Bläuung. Eine andere Form wäre ein geschütztes Gefäß bei dem durch eine bestimmte Form oder Klingenbefestigung ein eingetragener Gebrauchsmusterschutz entstanden ist. Dies läßt sich natürlich zeitlich etwas einordnen:
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Gegenstand des Musterschutzes nach dem Gesetz vom 11. Jan. 1876 sind nur Geschmacksmuster, d.h. Vorbilder für die Formen von industriellen Erzeugnissen, die zugleich dazu bestimmt oder geeignet sind, den Geschmack oder das ästhetische Gefühl (Formen- und Farbensinn) zu befriedigen; innerhalb dieser Grenze bezieht sich das Gesetz sowohl auf plastische Muster (Modelle), d.h. solche, die lediglich durch die körperlichen Verhältnisse auf den Geschmack zu wirken bestimmt sind, als auch auf Flächenmuster, d.h. Muster, die sich durch Zeichnung oder Farbenzusammenstellung vor andern auszeichnen. Für Gebrauchs- oder Nützlichkeitsmuster, d.h. plastische Vorbilder von Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen oder von Teilen derselben, insoweit sie dem Arbeits- und Gebrauchszwecke durch eine neue Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung dienen sollen, wurde am 1. Juni 1891 ein besonderes Reichsgesetz erlassen. Die Unterscheidungsmerkmale zwischen Geschmacks- u. Gebrauchsmuster sind also: ästhetische Wirkung einerseits, technischer Effekt anderseits. Ein Muster kann den Erfordernissen beider Mustergattungen entsprechen und so nach beiden Gesetzen schutzfähig sein."
Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Leipzig 1908.
Wir liegen hiermit also klar vor 1892. Wobei der Erwerb des Säbels danach keinen so rechten Sinn ergeben würde. Daß ein Reservist zum Ende seiner Dienstzeit bei der Kavallerie sich auch noch das frühere Modell zulegt, erscheint eher unwahrscheinlich. Wobei auch dies davon abhängig ist, wann das Nachfolgemodell denn genau bei der Truppe landete und Privatstücke verfügbar waren. Und das wiederum hat nur am Rande mit dem Einführungsjahr zu tun.
Die Frage nach einer Offizierausführung läßt sich mit einem klaren njein beantworten. Fischhaut und Oberwicklung (?) sprechen sicherlich dafür, Klingenform und Klingendekor sowie die brünierte Scheide mit dem festen Ring (bei den Offizieren bis 1893) eher dagegen. Nun ist das Kokettieren mit einem offiziermäßigen Gefäß weit verbreitet, in den Herstellerkatalogen auch Regel und nicht Ausnahme, und dürfte daher auch weitestgehend toleriert worden sein. Also das Gegenteil von einigen heutigen Automobilherstellern. Der Hersteller wollte seinen Kunden nicht ins offene Messer rennen lassen. Umso mehr, als es sich bei Fischhaut und Oberwicklung nur um ein Detail handelte.
Nochmals zur Erinnerung: das Standeszeichen des Offiziers war das Portepee, nicht der Säbel oder Degen!
Vielleicht wäre es auch hilfreich, einmal einen Blick auf die
preußischen Train-Extrasäbel zu werfen. Hier haben wir nämlich das ähnliche Problem. Offiziersäbel mit den typischen offiziermäßigen Griffkappenlappen, Fischhaut und Oberwicklung. Hier entspricht zumindest alles der Zeit.
Die originale Zusammengehörigkeit läßt sich m. E. ohne Blick auf die Vernietung und Inaugenscheinnahme der ganzen Waffe kaum näher erörtern. Ich kann mir daher darüber auch keinen Kommentar erlauben. Zumindest bei dem was ich hier sehe, erwachsen – bis vielleicht auf die Oberwicklung – kaum Zweifel.
An eine Verwendung als Vereinssäbel glaube ich nicht so recht. Hier hätte eine Entfernung des unteren Ringbandes und eine Brünierung nicht wirklich etwas gebracht. Siehe dazu auch das
Bild auf der Seite 2.
Da aber Kavalleristen bei einer Einberufung in vielen Fällen beim Train eingesetzt wurden, mag der Säbel auch zu einem späteren Zeitpunkt (Übung oder Weltkrieg) auch hier noch eine außerdienstliche Verwendung gefunden und somit die Veränderungen der Scheide ausgelöst worden sein.
Gruß
ulfberth