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Chinesenpolizei

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07.03.08, 23:40:59

ulfberth

geändert von: ulfberth - 08.03.08, 12:47:59

Anmerkungen zur Bewaffnung und Uniformierung der „Chinesenpolizei“ in Kiautschou.

Als Beispiel dient eine in Tsingtau vertriebene zeitgenössische Postkarte mit dem Titel „Polizeisoldaten in Tsingtau“. Darauf werden sowohl Berittene als auch Polizisten zu Fuß abgebildet.

Auf die Bezeichnung „Gendarm“ wird im folgenden bewußt verzichtet, da diese Bezeichnung in der gesichteten Primärliteratur bisher nicht belegbar ist!

Die beiden sitzenden Polizisten zu Fuß tragen ein preussisches (!) Koppelschloß und sind mit dem Infanterie-Seitengewehr M/1871 bewaffnet. Als blanke Waffe dient bei den Berittenen der preussische (!) Kavallerie-Degen M/1889. Alle Waffen ohne Faustriemen oder Portepee. Auf der rechten Seite wird am Koppel noch zusätzlich eine Tasche geführt. Ab es sich dabei um eine Tasche, Revolvertasche oder um die Halterung für einen Gummiknüppel handelt, läßt sich nach dem Foto nicht eindeutig belegen.

Die „Kolbenringe“ der drei sitzenden Polizisten dürften Dienstgradabzeichen sein. Hinzu kommt bei allen am linken Oberarm ein aufgenähtes ovales Stoffabzeichen mit weißer Dienstnummer – Zahlen bis 100 - über die gleichen Zahlen in chinesischen Schriftzeichen. Auf dem Turban befindet sich keine Kokarde.

Als Fußbekleidung finden Reitstiefel mit Anschlagsporen sowie Schuhe mit Wickelgamaschen Verwendung.

Gruß

ulfberth
08.03.08, 10:23:18

ulfberth

geändert von: ulfberth - 13.04.11, 16:22:53

Etwas detaillierter und vor allem auch deutlicher in den Bildern ist auch die folgende PDF-Datei: Hier anklicken!

Ich empfehle die AKTUELLE Version des Adobe Readers. Kostenloser download hier: Adobe Reader
Mit älteren Versionen ist das Lesen häufig nicht möglich.

Gruß

ulfberth
08.03.08, 10:23:38

mario

geändert von: mario - 08.03.08, 16:19:34

Wer doch alles den KD tragen durfte.
Gruß Mario
08.03.08, 11:24:19

ulfberth

geändert von: ulfberth - 11.06.08, 21:37:57

Nachtrag zum China-Degen:
Um 1899 wurde mit der Errichtung einer Polizeiverwaltung im Pachtgebiet Kiautschou (Stadt / Festung Tsingtau) begonnen. Zum einen aus einer Europäer-Polizei mit teilweise militärpolizeilichen Aufgaben bestehend, sowie als zweitem Dienstzweig aus einer sogenannten Chinesen-Polizei (Chinesen-Gendarmerie) für die chinesische Bevölkerung.

Ein Versuch, ähnlich wie in den afrikanischen Schutzgebieten Soldaten oder Polizeisoldaten aus der einheimischen Bevölkerung zu rekrutieren, schlug fehl. Die 1899/1900 aufgestellte "Chinesenkompagnie" wurde bereits 1901 wieder aufgelöst und die geeigneten Kräfte zur "Chinesen-Polizei" überstellt.

Die Uniformierung der Chinesen-Kompagnie wie auch der Chinesen-Polizei orientierte sich sehr an chinesischen Militär- und Polizeiuniformen. Möglicherweise wurden auch chinesische Uniformteile übernommen oder nachgefertigt.

Sehr gute Informationen und auch Bilder von Paul Pietsch finden sich bei dem Beitrag von Arne Schöfert auf der Website des Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen - Freunde der früheren deutschen Schutzgebiete:

Polizei-Uniformen in den Schutzgebieten

und

„China-Waffen“ – Eine Klarstellung

sowie von Sabine Hermes (†) & Rolf Hofmann:
Der „China" - Infanterieoffiziersdegen M.89

Die oben erwähnten Verlinkungen einfach anklicken!
Gruß

ulfberth
08.03.08, 16:59:21

WOTAN

geändert von: WOTAN - 08.03.08, 16:59:46

Zitat von ulfberth:

Die beiden sitzenden Polizisten zu Fuß tragen ein preussisches (!) Koppelschloß und sind mit dem Infanterie-Seitengewehr M/1871 bewaffnet. Als blanke Waffe dient bei den Berittenen der preussische (!) Kavallerie-Degen M/1889. Alle Waffen ohne Faustriemen oder Portepee.


Hallo Ulfberth,

ich denke, das ist - zumindest für die Waffen - auch nicht weiter verwunderlich. Die zunächst in 1899 aufgestellte militärische Chinesenkompanie war als reitende Kompanie gedacht. Der KD 89 (mit dem preußischen Adler im Gefäß) war die seinerzeit in Deutschland vorhandene und sicherlich geeignete Kavalleriewaffe. Das Pendant mit dem Reichsadler kam ja erst später.
Da sich diese kavalleristische Einheit nicht bewährte, verwandte man die Soldaten anders, also als Polizei. Daß man aus Kostengründen keine Umbewaffnung vornahm ist auch nicht weiter verwunderlich. Daß alle Waffen ohne Faustriemen getragen wurden, ist für mich auch nachvollziehbar, das wurde in Afrika ja auch so gemacht.

Was mich allerdings wundert, ist das preußische Koppelschloß bei den Betreffenden. Das macht m. E. eigentlich keinen rechten Sinn, da Kiautschou Reichsland war und demzufolge dort das Koppelschloß wie bei der Marine/Schutztruppen hätte geführt werden müssen oder aber (von mir aus) auch eines mit einem anderem neutralen Motiv.
Ulfberth, ist das sicher, daß es das preußische ist und wenn ja, hast Du dafür eine Erklärung?

Gruß

Herman
09.03.08, 13:03:42

thüringer

Hallo ulfberth,

mir ist aufgefallen, daß die KD89 genietete Griffe haben, also kammermäßig sind. Dann haben alle sichtbaren Scheiden Abänderungen auf die Trageweise für einen Ring, der zweite wurde entfernt, das Band ist gut sichtbar.
Nun meine Frage: Gab es auf diesen Waffen Truppenstempel, die zu diesen Einheiten zuordbar waren? Vielleicht fingen die Truppenstempel mit S.B. für Seebataillon an? Ist so meine private Vermutung :D
Tschüß
Roland
09.03.08, 18:03:35

ulfberth

geändert von: ulfberth - 10.03.08, 00:47:55

Hallo Hermann,

offen gesagt wollte ich hier weniger erklären, als vielmehr nur auf diese uniformkundlichen Besonderheiten hinweisen.

Deine Meinung, daß die Waffen aus der früheren Versuchs-Kompagnie stammen, teile ich uneingeschränkt. Nicht umsonst gibt es noch heute im Bundesarchiv diverse Unterlagen zu den Versuchen mit den Chinesentruppen.

Die Waffen wie auch das Lederzeug wurden in Deutschland beschafft. Das könnte auch die Erklärung für die Verwendung von preussischen Waffen und Ausrüstungsteilen sein. Ein ähnliches Entgegenkommen durch Preussen gab es ja auch bei der Ausstattung der Schutztruppen und deren Vorläufern.

Im Gegensatz zu den afrikanischen und in der Südsee gelegenen Schutzgebieten, wurde bei der Ausrüstung der Chinesen Wert auf eine moderne Bewaffnung gelegt. Nicht umsonst befanden sich im Hinterland bei der chinesischen Armee mehr als ausreichende Waffen der Firmen Mauser, Krupp etc. Es hätte somit auch keinen Sinn ergeben, wenn die Chinesen-Kompagnie mit veralterten Waffen in Erscheinung getreten wäre. Immerhin galt es, die europäische Überlegenheit gegenüber China zu demonstrieren.

Spekulativ bleibt die Nichtverwendung von Troddeln und Faustriemen. Nicht umsonst wurden bei den deutschen berittenen Truppenteilen (Marine-Teilen) in China diese verwendet. Ich würde die Erklärung eher darin suchen, daß diese Teile bei chinesischen Mannschaften zumeist nicht üblich waren. Auf Bildern tauchen diese eher nach dem Boxeraufstand auf.


Hallo Roland,

ob die Waffen der Chinesen-Kompagnie einen Truppenstempel des III. S.B. hatten, ist schwer zu beurteilen. Von der Quellenlage sind mir bisher keine diesbezüglichen Unterlagen bekannt geworden, von Realstücken ganz zu schweigen.

Begründen würde ich dies aus der Stellung der Chinesen-Kompagnie. Eine Verzahnung mit den deutschen Truppen war nicht gewünscht, auch deren Standort wurde bewußt außerhalb der deutschen Garnison gelegt. Die Truppe war natürlich der deutschen Führung unterstellt, mit deutschen Offizieren und Unteroffizieren.

Spätestens nach Umwandlung in eine sogenannte Chinesen-Polizei verändert sich dies nochmals. Diese war seit September 1901 nicht mehr Teil des Militärs, sondern unterstand dem Polizeiamt der Zivilverwaltung.

Gruß

ulfberth
10.03.08, 00:22:19

ulfberth

Quelle: O. Dannhauer; "Die deutsche Chinesenkompagnie in Litzun" in "Die Woche" Nr.4/1900.
11.03.08, 23:12:50

limone

geändert von: limone - 12.03.08, 03:14:48

Solche Zeugnisse als Information über den Zeitgeist und als Background zum "Altmetall" zu lesen, finde ich überaus interessant - die Fotos sind schon super, aber das "toppt" es noch!

Dankeschön :) :) :) !!!

Carsten
12.03.08, 13:48:40

ulfberth

Zwei Ausschnittvergrößerungen von Postkartenmotiven der Chinesen-Kompagnie.
 
 
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