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Füsilier-SG M/60 - Depot- / Seriennummer

original Thema anzeigen

15.02.12, 22:46:46

joehau

Modell: Füsilier-Seitengewehr M/60 - Preußen

Gesamtlänge: 635 mm
Klingenlänge: 510 mm
Klingenbreite: 31 mm
Länge der Scheide: 533 mm
Durchmesser Laufring: 21,4 mm
Masse Seitengewehr: 808 g
Masse Scheide: 210 g


Hersteller: F.Hörster, Solingen - 1861


Stempel:

Herstellermarke 'F.HÖRSTER, SOLINGEN' auf Fehlschärfe links
militärfiskalischer Eigentumstempel 'Krone über FW61' und Revisorstempel
auf Fehlschärfe rechts, der Parierstange vorn klingenseitigund dem Scheidenkörper
2 Revisorstempel auf der Angel am Griffrücken, 1 Revisorstempel am Griffkopf
neben der Drückerfeder, einer auf dem Deckblech, je einer auf Mund- und Ortblech
Stücknummer 196 auf dem Griffrücken und dem Scheidenkörper,
195 auf Parierstangenarm links, 68 auf der Haltefederschraube


Das gezeigte Stück hat keinen Truppenstempel.

Gibt es eine Erklärung dafür ?

Ich nehme an, dass die in den Artilleriedepots eingelagerten Waffen
solange keinen Truppenstempel bekamen, bis sie ausgegeben wurden.
16.02.12, 18:22:22

ulfberth

Eigentlich hatte ich gehofft, daß sich jemand zur Stempelung der Waffen im Depot äußern würde.

Gruß

ulfberth
16.02.12, 18:53:14

joehau

geändert von: joehau - 06.04.20, 19:27:13

Zitat von ulfberth:
Eigentlich hatte ich gehofft, daß sich jemand zur Stempelung der Waffen im Depot äußern würde.


Ja, das wäre schön.

Die FS60, die ich bisher im Netz gesehen habe, hatten
alle einen Truppenstempel. Nach der Herstellung sollen
aber ca. die Hälfte der rund 100.000 Stk in den Art.Depots
gelagert worden sein.

Bis zur Einführung des Inf. Seitengewehrs M/71 fanden aber
3 Kriege statt, an denen Preussen beteiligt war. Kaum vorstellbar,
dass dieses FS all die Zeit im Depot geschlummert hat.


Derweil hänge ich noch den Rest der Detailbilder an.

Gruß
Jörg
18.02.12, 03:14:51

joehau

Die erste bekannte preußische Stempelvorschrift ist die von 1877. Das wirft
die Frage auf, wann überhaupt angefangen wurde, flächendeckend
Truppenstempel anzubringen. Möglicherweise war das FS M/60 zu dem Zeitpunkt
bereits durch das S71 abgelöst, so daß ein Teil der FS M/60 aus diesen Grunde
nie gestempelt wurde.

Mir liegt hier ein Faksimile der D.V.E. Nr. 185 'Vorschrift über das Stempeln der Handwaffen'
vom 28. Januar 1909 vor. Da sich sich diese nicht so sehr von der Vorschrift von
1877 unterscheidet, kann man diese heranziehen, meine ich.

Im Abschnitt I Absatz 2 'Allgemeine Bestimmungen' heißt es:
'Im Frieden sind nur die Waffen der nachstehend aufgeführten Behörden
und Truppen zu stempeln oder umzustempeln:

a) Kommando- oder Feldverwaltungsbehörden,
b) Feldtruppen,
c) Reservetruppen
d) besondere Feldformationen
e) Eisenbahn- und Etappenformationen, soweit eine Stempelung dieser Waffenüberhaupt vorgesehen ist,
f) Ersatztruppen der Friedenstruppen nur soweit, als es vom Allgemeinen Kriegsdepartment besonders verfügt wird.
'

Eines scheint sich daraus ableiten zu lassen - und das macht ja auch Sinn -
die in den Artilleriedepots eingelagerten neuen Seitengewehre waren
ohne Truppenstempel. Nur die an aktive Friedensverbände verausgabten Waffen
wurden gestempelt.

18.02.12, 09:39:32

ulfberth

geändert von: ulfberth - 18.02.12, 11:15:51

So ist es! Die Depots sind nicht für die Stempelung zuständig. Ihre Aufgabe bezieht sich im Großen und Ganzen auf Lagerung, Reinigung und ggf. Wartung.

"A.) In den Artillerie-Depots.
§ 21. Die Etatswaffen werden derart gelagert, daß jede Formation einen besonderen Abschnitt bildet und stets von links oben beginnt, sowie daß die zuerst zu verausgabende Formation zunächst der Tür lagert. Die Formationen werden, von 1 beginnend mit je einer Formationstafel (Täfelchen von Pappe und mit weißem Papier beklebt; darauf die Formationsnummer in arabischer Zahl) bezeichnet. …

B.) Bei den Truppen („zugeteilte Waffen“) und in den Waffendepots.
§ 32. Die einem Truppenteil zugeteilten Waffen werden vom Kommandeur des Truppenteils verwaltet. Er trägt die Verantwortung für ihren feldbrauchbaren Zustand; zu seiner Unterstützung dienen die Waffenoffiziere, der Waffenmeister und der Gewehraufseher.

§ 38. Bei der Instandsetzung bedürftig befundener Waffen, die nach Maßgabe der „Vorschrift über des Stempeln der Handwaffen“ mit einer gültigen Stempelung versehen sind, ist letztere in die Untersuchungsübersicht einzutragen.


[Anmerkung: Als Umkehrschluß bedeutet dies, daß die Waffen nicht einheitlich bzw. durchgehend gestempelt waren.]

Die der Instandsetzung bedürftig befundenen Waffen, die eine gültige Stempelung nicht besitzen, werden, die Waffen eines jeden Musters für sich, mit einer durch das Jahr gehenden laufenden Nummer, von 1 anfangend, sowie mit dem Jahr und der Nummer der Untersuchungsübersicht … zu bezeichnen. Die Bezeichnung ist auf Zetteln anzubringen.

G.) Stempelung der bei Truppen usw. niedergelegten Waffen.
§67 Lagernde Handwaffen erhalten keine Stempelzeichen; die vorhandene Stempelung ist ungültig, wird jedoch nicht entfernt.
Bei den Etatswaffen wird für jede Formation – und wenn die Formation in Kompagnien usw. zerfällt für jede Kompagnie usw. – eine besondere Schußwaffenliste … vorbereitet … und im Mobilmachungsfall mit den Waffen ausgegeben.
Dies gilt auch für die in den Artilleriedepots lagernden ungestempelten oder mit ungültigen Stempelzeichen versehenen Waffen.

Waffen, die erst im Mobilmachungsfall zu stempeln sind, erhalten kleine Stempelmarken, die den Stempel in deutlicher Schrift tragen:
Stempelmarken sind … mit dünnem Bindfaden zu befestigen:
Bei Stahlscheiden an einem Ring;
Bei Seitengewehren zu Stahlscheiden am Griff
Bei Seitengewehren zu Lederscheiden an der Parierstange

Stempelmarken
[bestehen aus] ... starkem weißen Papier."

Gruß

ulfberth

18.02.12, 21:04:40

joehau

geändert von: joehau - 04.09.20, 19:50:41

Danke Ulfberth !

Ich hatte ein bißchen Bedenken, ob mit meinem Seitengewehr alles in Ordnung ist,
aber dann scheint es sein Dasein weitestgehend im Depot verbracht zu haben.
Der gute Zustand mit wenig Gebrauchsspuren spricht dafür. Auch der Laufring
wurde nicht ausgebuchst, um es als 'Artillerie-Seitengewehr M/71' weiterzuführen.

Gruß
Jörg
19.02.12, 01:53:22

Michael04

geändert von: joehau - 06.04.20, 15:48:33

Hallo Forum,

auf dem Parierelement ist die Zahl 195 ersichtlich, die nach Form,
Größe und Ort einer gestempelten Waffennummer entspricht.
Ist hier etwa ein Truppenstempel bis auf die Waffen Nr.195 vergangen?

Ich danke Ulfberth für die Recherche, denn so war mir das mit den gelagerten
Waffen nicht geläufig.

Grüße Michael
19.02.12, 05:47:50

Zietenhusar

geändert von: joehau - 27.07.21, 00:56:37

Hallo Michael,

bei dem von Dir erwähnten Stempel handelt es sich um eine Depotnummer.
Depotnummern sind eigenständig und haben nichts mit Truppenstempel zu tun.

Gruß,
Thomas
19.02.12, 13:39:43

joehau

geändert von: joehau - 27.07.21, 00:56:03

Über die '195' habe ich mir auch schon den Kopf zerbrochen.
Sowohl auf dem Scheidenleder als auch auf dem Griffrücken
ist die Zahl 196 eingeschlagen, was ich für eine - sagen
wir mal - 'Stücknummer' halte. Hat sich da jemand vertan
... und eine '195' auf die Parierstange gestempelt ?

Ein Truppenstempel war bei diesem Seitengewehr sicher nicht geschlagen.
Inbesondere das Mundblech ist absolut jungfräulich.
20.02.12, 09:22:36

ulfberth

geändert von: ulfberth - 20.02.12, 09:23:22

Solche Zahlen kommen u. a. auch bei den 65er HF und FM am Griffrücken vor.

Ungewöhnlich ist dabei, daß einzelne SG nummeriert wurden und andere aus gleichem Fertigungsjahr und von gleichem Hersteller wiederum nicht. Die Zahlen liegen bis in den hohen vierstelligen Bereich.

Leider läßt sich aus Abnahmejahr, Hersteller und Truppenstempel keine rechte Gesetzmäßigkeit ableiten. Es gibt zwar diesbezüglich verschiedene Theorien von Serien- bis hin zu Depotnummern. Das Problem ist nur, daß sich dadurch nicht alles erklären läßt und andere Stücke wiederum genau dagegen sprechen.

Gruß

ulfberth
 
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