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DAS FORUM FÜR SAMMLER & INTERESSIERTE
unter dem Dach der
Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 
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thüringer

(Mitglied)

Hallo!

Ich wollte Euch meine letzte „Errungenschaft“ vorstellen, zu dem ich ein paar Fragen habe. Hoffentlich sind die Fotos scharf genug.
Die Details: Klingenlänge 810mm ; Klingenbreite 28mm ; Stärke an der Fehlschärfe 5,3mm ; Länge der Fehlschärfe zirka 10mm, terzseitig gestempelt mit JR unter Krone (nur Rest erkennbar), in der terzseitigen Kehlung „ J.W. Seyffarth & Sohn Dresden „ . Die Klinge ist, 235mm vom Angelansatz beginnend , geschärft, die Schärfung der Rückenschneide ist 190mm von der Spitze gemessen.
Das Gefäß: an der Unterseite mit einer Krone gestempelt, auf der Oberseite sind quartseitig vereinzelte Reste eine Gravur erkennbar (sehr schwer erkennbar, eine 3, eine 5 und viele einzelne Striche). Der Griff ist mit braunem Leder bezogen und mit merkwürdigem Draht umwickelt. Das Leder zeigt die raue Fleischseite und hat deutliche Tragespuren. Der ganze Griff klappert auf der Angel, man kann ihn zirka 3mm verschieben. Der Niet hat umlaufend eine gleichmäßige dunkelbraune Patina.
Laut „Trag diese Wehr zu Sachsens Ehr“ Seite 19/20/21 unter Nummer 7 und im „Blankwaffen aus 3Jhd.“ Seite 18 kann ich die Klinge von 1867 – 1873 zuordnen.

Meine Fragen:
a.) laut dem Buch „T.d.W.z.S-E“ gab es einen Unterschied im Gefäßdekor, so sollen die späteren „flach“ gewesen sein. Handelt sich bei mir um ein „frühes“ oder „spätes“ Gefäß? Hat jemand ein paar vergleichende Fotos?

b.) Gehört dieses Gefäß auf diese Klinge?

c.) Was bedeutet der Kronenstempel an der Gefäßunterseite? Soll dieser Stempel für Kammerstück stehen?

d.) Nach der Patina am Niet und dem abgegriffenem Leder zu urteilen, wurde der Griff schon vor ein paar Jahren erneuert, gibt es dafür eine Erklärung? Kann es sein, dass das Klappern auf das Schrumpfen der Griffholzes zurück zu führen ist? Der Niet sieht nicht sehr fachmännisch aus, ist aber auch keine grobe Bastelarbeit.

Ich freue mich schon auf Eure Antworten und Kommentare.

Tschüß
Roland



Hüte Dich, alles zu begehren, was Du siehst,
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und alles zu tun, was Du kannst.
28.07.08, 19:40:50

thüringer

(Mitglied)

weiter Bilder


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28.07.08, 19:42:25

thüringer

(Mitglied)

Bilder von der Vernietung


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28.07.08, 19:43:53

mario

(Administrator)

Hallo Roland,
nicht das ich Dir helfen kann (Sachsen???). Sehr breite Klinge hat das Teil. Schau doch mal unter Sachsen nach, vielleicht hilft es ja.
Gruß Mario


123
28.07.08, 21:57:33

thüringer

(Mitglied)

Hallo Mario,
vielen Dank für Deine Bilder.

Ich habe mich etwas undeutlich und in einem Punkt zu kurz ausgedrückt: Im "Trag diese Wehr zu Sachsens Ehr" steht, daß die "Säbel" (alte Bezeichnung für den IOD67)von der Firma F.W.Seyffarth & Sohn gefertigt und verkauft wurden. Dabei wurde noch der alte Name J.W.Seyffarth & Sohn weiter benutzt.
JR unter Krone steht für den sächs. König Johann (1854-1873). Daher meine Datierung bis 1873. Er kann ja auch länger getragen worden sein, eine Kriegsverwendung ist aufgrund der Schärfung sehr wahrscheinlich.

Unter Nummer 7 ist dieser Degen beschrieben: frühe Form mit konturenscharf zisiliertem Dekor...fischhautbelederter Griffstück mit verdrilltem Kupferdraht..zwei Hohlkehlen mit Mittelzug.. kurze Felschärfe mit JR..in den Hohlkehlen graviert "J.W.Seyffarth & Sohn Dresden" .. Gesamtlänge 955mm, Klingenlänge 820mm, Klingenbreite 28mm.

Bis auf die Länge stimmt die Beschreibung der Klinge. Beim Gefäß ist mir ist eben nur "flaches Dekor" bei den späteren IOD´s unklar. Den Fischhautgriff klammere ich mal aus. Weiterhin hat nur die Nr 9 (Kammerstück für Portepeeträger und Abnahme GR04) eine Klingenbreite von 28mm, alle anderen Degenklingen sind schmaler.

Tschüß
Roland


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29.07.08, 00:25:24

Sachse

(Mitglied)

Hallo Thüringer,

die ausführlichste Darstellung zur Systematisierung der sächs. Infanterie - Offizierssäbel ( Degen ) M 67 findest Du in der Abhandlung von Rolf Selzer, nachlesbar im Forum unter der Rubrik Sachsen. Dort findest Du auch alles zur Abnahme der Waffen und somit zur Bedeutung des Kronen - Stempels auf dem Gefäß.

Nun aus meiner Sicht Erläuterungen zur Gefäßausführung hinsichtlich der Unterscheidung " konturenscharfer " und
" flacher " Ziselierung. Dazu habe ich in der Schnelle ein paar Bilder beigefügt, hoffentlich ausreichend erkennbar.
Grundsätzlich sollte man beachten, dass die frühen Stücke um 1867 teilweise über die gesamte Dienstzeit getragen wurden
und somit das Gefäßdekor viel an Oberflächenkontur eingebüßt hat. So ist der auf dem Foto ganz links ein schon vor der offiziellen Einführung 1867 geführter Degen ( es ist die im o.g. Selzer - Artikel beschriebene Waffe des F. von Seydewitz ),
bei welchem das Gefäßdekor stark abgegriffen ist und somit keinesfalls mehr als konturenscharf bezeichnet werden kann.
Der 2. Degen von links, ebenfalls aus der ersten Lieferserie mit der Klingeninschrift des Dresdner Händlers J.W.Seyffart, ist wenig getragen und weist das ursprüngliche fein gearbeitete Dekor auf, allerdings ist ein deutlicher Wandel zu einem flacherem Dekor auch bei den späteren Stücken - 3. von links aus der Zeit König Albert, 4. von links aus der Zeit Friedrich August III. - nicht sofort offensichtlich.
Zwar sind die Details des Gefäßziselierung geringfügig unterschiedlich, deutlich ist für mich eine Veränderung zu einem
" flacheren " Dekor jedoch nur am knopfförmigen Pariestangenende zu erkennen. Die ursprünglich tief im Guß ausgeführte und fein nachziselierte Verzierung dieser Stelle ist bei späteren Stücken tatsächlich deutlich flacher und letztlich nur noch einer Gravur ähnlich. Für den Sammler sollte das alles nicht so sehr von vordergründiger Bedeutung sein, denn letztlich kann man bei dieser sächsischen Waffe das Alter sehr gut über die typische Klingenform und - Signierung der ersten Fertigungsserie und danach durch die Kennzeichnungen mit der Chiffre des jeweiligs regierenden Königs bestimmen.

Abschließend meine Meinung zu dem von Dir gezeigten Stück:
Gefäß und Klinge sind zusammengehörig und der ersten Fertigungsserie des Einführungszeitraumes unter König Johann zuzuordnen. Die Waffe wurde auseinandergenommen, sehr unsachgemäß mit einem neuen unpassenden Griffstück versehen
und schlecht vernietet. Die Klingenbreite von 28 mm ist bei dieser frühen Klingenform normal.
Trotz des Kronen - Abnahmestempels handelt es sich nicht um ein "Kammerstück", der Träger dürfte sich die Waffe auf eigene Kosten angeschafft haben, eventuell deuten die noch erkennbaren Gravurstriche auf dem Gefäß auf Reste eines Trägernamens.
Mit freundlichen Grüßen vom Sachsen




29.07.08, 16:44:37

Sachse

(Mitglied)

Noch die restlichen zwei Bilder:

29.07.08, 16:47:04

thüringer

(Mitglied)


Hallo Sachse,

vielen Dank für die Hinweise, die guten Bilder und Deiner Beurteilung des Degens. Ich hatte gehofft, daß Klinge und Gefäß zusammen gehören, würde sich eine Restauration lohnen?
Zwei letzte Fragen: ist beim letzten Degen das Stoßleder von der Spitze aus aufgeschoben oder sitzt es auf der Angel. Wie hoch ist dort die Fehlschärfe?

Meine Hochachtung für Euer Wissen!
Tschüß
Roland
P.S. anbei als kleines Dankeschön zwei Bilder (endlich mal ein Fotograf, der mitdenkt lachen lachen lachen )


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und alles zu tun, was Du kannst.
30.07.08, 14:14:28

Sachse

(Mitglied)

Hallo Thüringer,

die Waffen werden beim Vernieten ohne zwischenliegendes Stoßleder zusammengefügt, d.h. dieses wird über die Klinge geschoben. Anderenfalles ergäbe sich ja zwischen dem notwendigerweise festen Sitz zwischen Klinge und Gefäß ein Spalt in Stärke des Stoßleders, der bei einem späteren Verschleiß / Verlust dieser Lederscheibe einen lockeren Gefäßsitz zur Folge hätte.
Bei dem in der Einzelbildfolge letztem und ältesten IOD beträgt das Maß vom Stichblatt bis zum Ansatz der Hohlkehlen 16 mm, die Klingenbreite beträgt 28 mm.
Anbei noch Bilder einiger der auf der Klinge dieses Degens eingravierten Gefechtsteilnahmen des Trägers in den Kriegen 1866 und 1870/71.
Mit freundlichen Grüßen vom Sachsen


30.07.08, 23:00:20

thüringer

(Mitglied)

Hallo Sachse,

Ich hatte die Frage nach dem Stoßleder gestellt, weil ich vermute, daß beim letzten Zusammennieten man daß Stoßleder zuerst auf die Angel schob. Nach dem Verlust entstand so dieser Spalt bei meinem Stück.
Meine letzte Frage an Dich: würde man als Sammler und Bewahrer den Griff bei einer Fachwerkstatt restaurieren lassen, oder alles beim Alten belassen. Der Preis spielt zwar eine Rolle, doch mich interessiert erst mal Deine Meinung (jede andere natürlich auch zwinkern ).

Tschüß
Roland


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31.07.08, 21:42:46
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