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Yannic

(User)

Hallo,
ich habe vor kurzem in Belgien (Ardennen nahe Frankreich) einen schönen IOD aus Preußen vom Hersteller WKC ergattern können. Da ich noch am Anfang meiner Sammel-Leidenschaft stehe und noch nicht der Erfahrenste bin (es handelt sich um das 2. Stück in meiner Sammlung) habe ich ein paar Fragen an euch.

Wie erwähnt handelt es sich um einen preußischen IOD89 aus dem Hause WKC mit den folgenden Maßen:

Klingenlänge: 810mm
Gesamtlänge: 950mm
Gesamtlänge mit Scheide: 970mm

Der Griff ist mit einem, wie ich vermute, gestanztem Leder umwickelt und besitzt eine Drahtwicklung aus vermutlich Silber. Gefäß mit Klappscharnier und Monogramm von Wilhelm II sind aus Messing.
An der Fingerschlaufe ist ein goldenes Portepee mit blau-grünen Nähten im Band befestigt, welches ich nicht identifizieren kann. Die Fäden am "Stiehl der Eichel" wirken teilweise wie Draht oder beschichtete Fäden.
An der Unterseite des Griffes befindet sich eine Gravur der Buchstaben K und (möglicherweise) O. Handelt sich hierbei um das Monogramm des Trägers?
Die Klinge ist aus vernickeltem Stahl und lässt sich gut elastisch verformen (Federstahl?). Sie ist nicht geschärft.
Ebenso ist die Scheide aus vernickeltem Stahl und nicht schwarz lackiert, was ich so noch nicht gesehen habe. Ebenfalls sonderlich ist, dass sie über zwei Trageösen verfügt, wovon die untere wohl nachträglich angebracht wurde.

Ich hoffe, dass ihr mir anhand dieser Informationen und der Fotos etwas zu dem Degen sagen und etwas Licht ins Dunkle bringen könnt!

PS: Der Degen wurde wohl durch den Großvater an den Verkäufer vererbt

Liebe Grüße und schon mal ein Danke im voraus

Yannic

Edit:
-In der Scheide sind keine Holzeinsätze mehr vorhanden, sie ist hohl

15.03.20, 19:55:30

Yannic

(User)

Hier weitere Bilder

15.03.20, 19:56:26

Zietenhusar

(Supporter)

Hallo Yannic,

willkommen im Forum. Schön, dass sich ein weiterer "Infizierter" bei uns einfindet.

Vorweg der Hinweis auf die korrekte Bezeichnung des Degens. So lange kein Hinweis durch Primärliteratur anderes ergibt, lässt man die Zahl 89 in der Bezeichnung einfach weg. Das Jahr der Einführung 1889 wurde bei diesem Degen offiziell nicht in die Modellbezeichnung eingepflegt, auch wenn man es millionenfach so lesen kann.

Nun zu Deinen Fragen:
1. Handelt sich hierbei um das Monogramm des Trägers?
Antwort: Ja
2. Die Klinge ist aus vernickeltem Stahl und lässt sich gut elastisch verformen (Federstahl?)
Antwort: Federstahl ist eine Art Gruppenbezeichnung für moderne Stähle mit Beimischungen von Legierungen unterschiedlicher Mengenverhältnisse. Das wurde damals so noch nicht so umgesetzt. Einfach gesagt handelt es sich bei der Klinge um gehärteten Kohlenstoffstahl.

Die Klinge ist nicht geschärft, da so ein Degen keine Waffe für den Kampf darstellt. Die Scheide sieht überarbeitet aus. Kann aber auch täuschen. Neben den Spänen (Holzeinsätzen) fehlt auch das Mundblech.

Zum Portepee kann ich leider nichts beisteuern.

Rundum eine schöner Degen. Meine zweite Blankwaffe war damals auch ein IOD, allerdings im rudimentären Zustand.

Gruß,
Thomas

18.03.20, 05:45:32

Preussen

(Mitglied*)

Guten Morgen Yannic,
ergänzend zu den Ausführungen von Zietenhusar zu Ihrem IOD n/M sei erwähnt, dass die Scheiden dieser Waffen 1905 geschwärzt und der Schleppring (untere Ring) 1910 entfernt wurden. Dies und die „seltsame“ Befestigung des unteren Scheidenbandes an Ihrem Stück lassen Zweifel an der Zugehörigkeit der Scheide aufkommen.
Das abgebildete Portepee könnte ein bayrisches, braunschweigisches oder sächsisches (grün) sein.
Die an diesen Degen getragenen preussischen Portepees 1) 1889-1996; 2) 1896-1918; 3)1916-1918 zeigen Ihnen die Fotos
Gruss
Preussen


18.03.20, 09:51:42

Yannic

(User)

Hallo,

erst einmal vielen Dank für die informativen und interessanten Antworten!

Da es wahrscheinlich keinen allseits bekannten K.O. gab, wird der Träger wohl ein Unbekannter bleiben...
Nun stelle ich mir die Frage, wie so ein Eigentumsstück nach Charleroi kam. Wurden diese zu Kriegszeiten auch im Feld getragen? Die Örtlichkeit würde sich durch die Schlacht von Charleroi 1914 ergeben.

Wenn ich recht verstanden habe sind Portepee und Scheide wohl nicht zugehörig, richtig?
Was ich dennoch nicht ganz nachvollziehen kann ist, warum der Schleppring nachträglich angebracht wurde... Wurden diese nicht bei Bearbeitungen eher nach 1910 entfernt?

Und als Letztes: Um welchen Zeitraum würdet ihr den Degen ungefähr einordnen? Da man sich wohl nicht an der Scheide orientieren kann, wäre mein einziger Anhaltspunkt das Klappscharnier.

Liebe Grüße

Yannic

18.03.20, 13:48:43

Zietenhusar

(Supporter)

Hallo Yannic,

der Degen kann auf vielen Wegen nach Belgien gekommen sein. Der damalige Krieg muss nicht der Anlass gewesen sein. Rein theorethisch könnte er eine Woche vor Deinem Kauf dorthin gekommen sein, denn Deine Aussage
Zitat:
Der Degen wurde wohl durch den Großvater an den Verkäufer vererbt
sagt uns nicht, wie alt der Großvater des Verkäufers war. Ausserdem erzählen die Leute alles um ein Verkaufsobjekt interessanter zu gestalten. Das Alter des Degens ist anhand des Stichblattes leider nicht festzumachen.

Gruß,
Thomas

19.03.20, 05:55:27

joehau

(Mitglied)

Zitat von Yannic:

Was ich dennoch nicht ganz nachvollziehen kann ist, warum der Schleppring nachträglich angebracht wurde...
Wurden diese nicht bei Bearbeitungen eher nach 1910 entfernt?


Warum an dieser Scheide nachträglich ein unterer Ring befestigt wurde,
kann man nicht sagen. Die Scheide gehört, wie oben vermutet, nicht zum IOD n.A.,
erkennbar auch am asymmetrischen Schleppblech.

So sieht die zugehörige Scheide mit entferntem unteren Ring (Ringband belassen)
und mit Mundblech aus:

20.03.20, 01:42:35

Yannic

(User)

Also habe ich Frankensteins Monster gekauft…
Zusammengesetzt aus drei, nicht zusammen gehörenden Teilen.

Nun gut, aber ich bin sicher nicht der Einzige, der zu Beginn
sein Lehrgeld zahlen musste… Und der Degen an sich ist ja
dennoch ein schönes Stück!

Auf jeden Fall vielen Dank für die ausführlichen und lehrreichen Beiträge!

Grüße!

20.03.20, 13:38:39

ulfberth

(Moderator)

Frankensteins Monster? Warum? Klar ist der Degen aufgehübscht worden mit einer nicht passenden Scheide und einem nicht dazugehörigen Portepee. Kommt vor, sieht nett aus und macht sich dekorativ an der Wand. Ansonsten, das Herausputzen von Töchtern um sie endlich unter die Haube zu bekommen, ist seit Jahrtausenden Usus in allen Kulturen.

Andererseits ist der Degen in Ordnung und macht auch ohne das Zubehör etwas her. Und ganz so teuer dürfte er auch nicht gewesen sein.

Gruß

ulfberth


www.seitengewehr.de
20.03.20, 18:06:37

joehau

(Mitglied)

Finde ich auch ! Der Degen ist gut erhalten, die Scheide kann man erstmal
dabei lassen, und für das bayrische Portepee findet sich auch irgendwann der
passende Degen.


20.03.20, 18:10:52
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