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ulfberth

(Moderator)

Die Scheide wurde zum Degen hinzugefügt und dürfte auch in keinem Zusammenhang zu ihm stehen.

Den Stempel „92.R.3.B.16“ für das „Königlich Preußische Braunschweigisches Infanterie-Regiment Nr. 92, 3. Bataillon, Degen 16“ halte ich für echt! Dieser dürfte ein improvisierter Weltkriegsstempel sein. Aber hier sollte man mit einer Lupe mehr Gewißheit bekommen.

Zum Verständnis: Das Regiment rückte 1914 mit 59 Offizieren, 12 Vice-Offizieranwärtern, 4 Fähnrichen, 6 Ärzten, 3 Zahlmeistern und 3034 Unteroffizieren und Mannschaften aus.
Stärke am 6. August 1914: 24 Offiziere und Diensttuer, 1934 Unteroffiziere und Mannschaften. II. Bataillon außer Kommandeur und Adjutant keine Offiziere mehr. Gefechtsstärke 86 Unteroffiziere und Mannschaften.

1915 Gesamtverluste im Osten: 73 Offiziere, 2758 Unteroffiziere und Mannschaften.

Zwischen dem 28. Und 30. September 1915 verschoss das Regiment (ohne Maschinengewehr-Kompagnie!) 180 000 Schuß. Hier bekommen die Infanterie-Munitionskolonnen eine ganz andere Bedeutung.

Offiziere, Zahlmeister etc. sind Sammelbezeichnungen ohne die jeweiligen einzelnen Dienstgrade.

Gruß

ulfberth


www.seitengewehr.de
18.12.19, 08:20:26

joehau

(Mitglied)

Zitat von ulfberth:
... halte ich für echt! Dieser dürfte ein improvisierter Weltkriegsstempel sein.


Mit 'improvisiert' gehe ich ja noch d'accord, besonders beim 'R'.

Aber selbst auf den Aushilfsseitengewehren und in der Reichswehr
hatten die Buchstaben Serifen. Ich lasse mich aber gern durch 1 - 2
Beispiele davon überzeugen, dass es auch Buchstaben-Schlagstempel
ohne Serifen gab.



18.12.19, 17:08:07

ulfberth

(Moderator)

Die Form der Buchstaben ist sicherlich ein Indiz, wobei nicht außer Acht zu lassen ist, daß das Regiment herbe Verluste im Osten erlitten hatte und die Beschaffungslage nicht nachvollziehbar ist. Gerne entspreche ich daher dem Wunsch und werde über die Weihnachtstage zur Verdeutlichung ein paar ebenfalls nicht in die landläufige Form passende Weltkriegsstempel einstellen.

Ansonsten stellt sich dann natürlich die Frage, welchem Fälscher ein so miserabler Stempel einen finanziellen Nutzen bringt. Der Stempel wertet die Scheide doch eher ab.

Unabhängig davon, wie sieht der Stempel beim Betrachten mit einer Lupe denn aus? Rostbild, Patina und ähnliches.


www.seitengewehr.de
19.12.19, 08:13:46

Gost

(Mitglied*)

Zitat von ulfberth:

Unabhängig davon, wie sieht der Stempel beim Betrachten mit einer Lupe denn aus? Rostbild, Patina und ähnliches.


Für mich sehen die Stempel auf der Scheide gut aus, also aus der alten Zeit. Scheide und Portepee gut zwinkern
Gruß Gost

19.12.19, 16:12:39

joehau

(Mitglied)

Zitat von Gost:
Scheide und Portepee gut zwinkern

Zitat von ulfberth:
...Der Stempel wertet die Scheide doch eher ab. ...


Wohl war, zumal ich die Scheide nach dem Bild auch für eine originale halte.


Die Hauptfrage ist doch eigentlich, gab es ein Degenmodell in dieser
gezeigten Zusammenstellung, und wenn ja, für wen. Oder ist die ganze
Zusammenstellung nur 'Resteverwertung' ?

19.12.19, 16:54:48

joehau

(Mitglied)

Zitat von ulfberth:
... nicht außer Acht zu lassen ist, daß das Regiment herbe Verluste im Osten erlitten hatte ...


Es entspricht durchaus meiner klischeehaften Vorstellung deutscher
Bureaukratie, dass ich 1915 nach herben Verlusten meines Regiments im
Gefecht, als allererstes einen neuen Degen für den Zahlmops anfordere,
den ich dann mit improvisierten Schlagstempeln in 'Arial' stempele,
obgleich das Stempeln der Truppenstempel im Kriege ausgesetzt war.

Gut, auch andere Einheiten haben im Kriege weiter gestempelt
und der 'Oberzahlmeister' ist als Träger ja auch schon ausgeschieden.
Bei der Scheide ginge es dann eher um einen Feldwebel der seinen
Dienst-IOD in der Durchbruchsschlacht um Gorlice-Tarnow verloren hatte.

19.12.19, 17:17:58

Gost

(Mitglied*)

M.M.n. haben die "Abnahmestempel" nichts auf den Degen zu suchen,
weder auf der Klinge noch auf dem Gefäß (siehe dreifache Wicklung)
Ich kann auch nicht das kleinste Detail erkennen, was bei diesem
Teil für einen "Degen für Oberwachtmeister" sprechen könnte.

Gruß Gost

19.12.19, 17:23:18

joehau

(Mitglied)

Zitat von Gost:
M.M.n. haben die "Abnahmestempel" nichts auf den Degen zu suchen,
weder auf der Klinge noch auf dem Gefäß ...


Dem schließe ich mich an.

Die Scheide halte ich auch für 'dienstlich', also IOD für Feldwebel
( nicht Wachtmeister ), den Truppenstempel lasse ich mal außen vor.
Der Abnahmestempel am Schleppblech sieht gut aus.

Ob es den Degen in dieser Zusammensetzung überhaupt gegeben hat,
kann ich nicht sagen. Die Abnahmestempel und den Rückenstempel am
Degen halte ich für falsch.

19.12.19, 17:38:31

Gost

(Mitglied*)

Gegeben hat es schon so ein Teil aber mit Abnahmen wohl nicht.
Gruß Gost

19.12.19, 18:13:58

ulfberth

(Moderator)

@ Gost Oberwachtmeister ist kein Dienstgrad der kaiserlichen deutschen Armee, sondern Feldwebel oder Vice-Feldwebel bzw. Wachtmeister bei berittenen Truppenteilen.

Der Degen mit dem Füsiliergefäß (Werbeaussage im Firmenkataloge: „Infanterie-Offizier-Säbel mit glatter Bügelmontur“) erlebte jedenfalls keine Renaissance nach Einführung des Infanterie-Offizier-Degens n/M. Nur sehr wenige ehemalige Füsilier- und Jäger-Offizieren scheinen nach Fotos eine Zuneigung zu diesem Sondermodell gefunden haben. Es hat eher den Anschein, daß dieses Sondermodell bei allen Lieferanten ein Schattendasein gefristet hat. Für die Hersteller spielte das aber keine Rolle, die Teile waren vorhanden, und eine Montage war unkompliziert und ein weiteres Sondermodell war im Katalog.

Damit wäre schon einmal grob der zeitliche Rahmen gespannt.

Zu der eingangs einmal gestellten Frage nach der Bewaffnung der Zahlmeister im Feldwebel- bzw. Unteroffiziersrang. Er trug genau die Waffe seiner Charge und seiner Einheit. Der oben genannte Paragraph über "gewährten Offizier-Seitengewehre (§.6,3)" bezieht sich nur auf Offizier-Seitengewehre und deren bereitgestellten Mengen.

Bei den Infanterie-Bataillonen war für den Zahlmeister ein Infanterie-Seitengewehre U/M vorgesehen, bei der Kavallerie ein K.D.89 bzw. K.D. 54, bei der Artillerie trug hingegen der unberittene Zahlmeister wiederum das U/M. Mit dem Dienstgrad Vice-Feldwebel oder –Wachtmeister legten sie das jeweilige Offizier-Seitengewehr – jeweils mit dem silbernen Portepee! – an. Also I.O.D., K.O.S. oder A.O.S. und K.O.D. etc.

Wobei mir die Benennung „Degen für Oberzahlmeister“ noch immer wie ein schlechter Scherz vorkommt. Ob nun der Truppenstempel auf der Scheide echt oder einfach nur handgedängelt ist, ist in diesem Zusammenhang eher zweitrangig. Wurden Degen und Scheide zufällig zusammengestellt, könnte die Stempelung der Scheide original sein. Wenn hiermit aber ein Braunschweiger kreiert werden sollte, muß man das als einen Angriff auf die Fachkompetenz der Blankwaffenkundler und Museumsmitarbeiter auffassen. Dann ist auch die Scheide nur - wie der vornehme Engländer sagt - „a pice of shit“.

Das I. und II. Bataillon hatten Degen besonderer Probe, beim (III.) Leibbataillon war es ein spezieller Säbel. Angelegt von den Offizieren und den Portepee-Unteroffizieren. Näheres dazu siehe HIER.
Hier hätte also der Zahlmeister im Portepeeunteroffiziersrang den braunschweigischen Offizier-Säbel führen müssen.

Zum Degen an sich: Soweit man dafür Fotos zu Rate ziehen kann, halte ich die Abnahmestempel für eine nachträgliche und sicherlich nicht zeitgenössische Arbeit. Dafür spricht auch die schlecht ausgeführte Vernietung und die Klingenabnahme. Wie sieht denn der Übergang zwischen Klinge und Parierstange unter dem unpassenden und falschen Stoßleder aus?

Gruß

ulfberth


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20.12.19, 00:06:00
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