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Spartaner545

(Mitglied)

Hallo Zusammen,

aufgrund der aktuellen (für mich übrigens sehr spannenden und lehreichen !) Diskussion um Namen und Bezeichnungen preussischer Blankwaffen bin ich nochmal durch meine Literatur gegangen und bin beim Waffen-Etat 1870/71 über eine mir unbekannte Bezeichnung gestoplert.

Im Buch "Die Mobilmachung von 1870/71" von Gusatf Kehmann, 1905 wird auf Seite 235 - 236 eine Liste aller, sich 1870 im Dienst befindlicher, Handwaffen aufgeführt.
Hierbei findet sich unter Punkt 38 die Abkürzung "Kav-Säbel Fr/M" für einen, mir unbekannten, Kavalleriesäbel

Die restlichen Abkürzungen/Bezichnungen der Säbel für die Kavallerie sind mir klar.


37. ist der Kavalleriesäbel M/52

38. ?

39. ist der Kavalleriesäbel alter Art, im "Volksmund" auch Blüchersäbel oder M1811 genannt

40. ist der Artilleriesäbel neues Modell, 1870 wohl noch als ungekürze Version



Ausgehend von den vorangehenden Kürassierdegen und derer bekannten Abkürzungen (Posten 34-36) gehe ich davon aus, dass es sich also um den "Kavalleriesäbel französisches Modell" handelt.

Da in dieser Auflistung nur Kammerstücke für Mannschaften aufgelistet sind, scheiden Säbel für Offiziere auch aus...
Habe ich das Säbel-Modell bisher einfach nur übersehen?
Immerhin sind 1870 fast 6000 Stück davon bei der Truppe und 3370 in den Depots. Ein unfassbar seltenes Stück kann es also nicht gewesen sein verwirt


Kann mir hier bitte jemand etwas zu dem Säbel sagen oder im besten Falle sogar ein Bild einstellen?


Ich bedanke mich herzlich für alle kommenden Antworten.

Mit besten Grüßen

Vincent



PS: Ich erlaube mir den kleinen Ausschnitt aus der Liste einmal hier zu posten.
Quelle: Kehmann, Gusatf 1905: Die Mobilmachung von 1870/71, Verlag Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin; Seite 236





PPS: Da es sich um eine spezifisch, preussische Waffe handelt, habe ich das Thema in "Preussen, nach 1815" gepackt. Falls die Moderatoren es lieber in "Fragen zu Blankwaffen" hätten, kann das Thema gerne verschoben werden. Danke.

18.06.19, 17:15:58

mario

(Administrator)

Hallo Vincent,
dieses Modell ist gemeint.

Was wird über Infanterie-Seitengewehr geschrieben?
Erwähnt er noch beide Modelle a/A und mit Stichblatt ?
Gruß Mario


123
18.06.19, 19:21:41

Clouseau

(Mitglied)

Hallo Vincent,

zunächst kurze Anmerkung zum Autor des Werkes. Zuerst habe ich an einen Tippfehler gedacht, aber doppelt „Gusatf Kehmann“ war dann doch auffällig. Es handelt sich um Gustav Lehmann, der für das Preußische Kriegsministerium zahlreiche wichtige Bücher zur Militärgeschichte verfasst hat. Ganz wichtige Quellenwerke.

Mit deiner Vermutung "Kavalleriesäbel französisches Modell" oder -muster liegst du absolut richtig. Gemeint ist der sabre de la cavalerie légère mle an XI.

Diese Säbel sind im Laufe der Freiheitskriege in enormen Mengen von den Preußen erbeutet worden und dienten bei nahezu allen Truppenteilen der Kavallerie. In den Jahren unmittelbar nach den Freiheitskriegen waren zeitweise alle damals bestehenden Dragoner-Regimenter mit diesen Waffen ausgerüstet. Obwohl dieses Modell sowohl bei der französischen, als auch der preußischen Kavallerie wegen des Handschutzes beliebt war, entschied man sich in Preußen dann doch zur Einführung des Kavalleriesäbels engl./Form (eben das „Blüchersäbels“).

Dieses Modell blieb dann nur den Mannschaften des 1. Ulanen- und des 2. Dragoner-Regiments bis zur Einführung des Kavallerie-Säbels M/52 vorbehalten. Auch die berittene Gendarmerie trug ihn.
Bisweilen findet man die Bezeichnungen „Kavallerie-Säbel M. 1817“ oder „Chasseusäbel“, aber wir wollen über diese Bezeichnungen nicht wieder einen neuen shitstorm auslösen.

Die französischen Beutesäbel wurden nach und nach aus der Truppe gezogen, gegen „Blüchersäbel“ ausgetauscht und dann in großen Mengen magaziniert. Wie die Zahlen belegen, waren sie also tatsächlich nicht selten. Wirklich selten sind aber die mit preußischen Truppenstempeln versehenen Exemplare, die den beiden o. g. Regimentern zuzuordnen sind.

Wie du lesen kannst, wurde das Modell hier bereits thematisiert.

Und kurz zur zweiten Frage:

Der Bestand an (man kann es nicht oft genug schreiben, es steht da schwarz auf weiß) Infanterie-Seitengewehren ohne/St.: 14204 in der Truppe, 1425 in den Depots, Infanterie-Seitengewehre mit/St.: 50282 in der Truppe, 17405 in den Depots,


18.06.19, 19:46:44

mario

(Administrator)

Hallo Clouseau,
schön das Du versucht hast meine Frage zu beantworten und schön das Du immer öffter Seitengewehr und nicht Säbel schreibst.(es festigt, wenn man es oft genug schreibt) zwinkern


bleibt noch eine Antwort zum ersten Teil der zweiten Frage offen.

"""Gibt es noch die Modellbezeichnung,: Infanterie-Seitengewehr a/A, in diesem Buch? """

Für unsere Anfänger,:"Infanterie-Seitengewehr a/A hat nichts mit Infanterie-Seitengewehr mit Stichblatt zu tun " zwinkern

Gruß Mario






123
19.06.19, 04:52:08

Spartaner545

(Mitglied)

Hallo mario und Clouseau,

vielen Dank für die Antworten und die Richtigstellung mit dem Buchstaben. Frakturschrift ist nicht meine größte Stärke.

Ich bin zwar beim Durchstöbern des Forums auf den Säbel gestoßen, hätte aber nicht gedacht, dass er auch 1870 (nach zwei "Generationen" preussischer Kavalleriesäbel) noch eine Rolle gespielt hat.

Existieren preussische Nachbauten von besagtem Säbel, so wie bei den Kürassierdegen?


Und zu der zweiten Frage, nein es wird kein Infanterie-Seitengewehr A/A aufgelistet.

An Infanterie-Seitenwaffen existieren in dem Etat:

20. Infant.-Fasch.-Messer
21. Infant.-Seit.-Gew. U/M
22. Infant.-Seit.-Gew. ohne/St.
23. Infant.-Seit.-Gew. mit/St.


Mit besten Grüßen

Vincent

19.06.19, 09:34:01

mario

(Administrator)

Besten Dank

Ich habe noch keine Nachbauten mit preuß. Abnahmen gesehen, kann es mir aber gut vorstellen. Knecht in Solingen hat dieses Modell im Angebot gehabt.

Gruß Mario


123
19.06.19, 20:15:38

ulfberth

(Moderator)

Zitat von mario:
...
Ich habe noch keine Nachbauten mit preuß. Abnahmen gesehen, kann es mir aber gut vorstellen. Knecht in Solingen hat dieses Modell im Angeböt gehabt.
Gruß Mario


Ein Nachbau wäre durch die enorme Menge an Kriegsbeute eher verwunderlich. Gegen einen solchen spricht auch, daß dieser Säbel im "Preis-Verzeichnis von den reglementsmäßigen einzelnen Seitengewehr- und Lanzen-Theilen" 1865 nicht vorkommt.

Die oben erwähnten 6000 Säbel bei der Truppe lassen sich grob auf 10 bis 15 Kavallerie-Regimenter hochrechnen. Dragoner 1 hatte z. b. 1870/71 einen Kriegs-Etat von rund 600 Unteroffizieren und Mannschaften. Bei der Landwehr sah die Etatstärke anders aus.

Die Gendarmerie ist in der obigen Auflistung nicht erfaßt. Andererseits fallen die wenigen berittenen preußischen Landgendarmen auch nicht weiter ins Gewicht.

Gruß

ulfberth


www.seitengewehr.de
20.06.19, 00:09:36

Clouseau

(Mitglied)

Zitat:
„Ein Nachbau wäre durch die enorme Menge an Kriegsbeute eher verwunderlich. Gegen einen solchen spricht auch, daß dieser Säbel im "Preis-Verzeichnis von den reglementsmäßigen einzelnen Seitengewehr- und Lanzen-Theilen" 1865 nicht vorkommt.“


Hallo ulfberth,

dem stimme ich grundsätzlich zu.
Wobei die Quelle von 1865 natürlich ziemlich spät liegt, da z. B. seit mehreren Jahren bereits der Kavallerie-Säbel M/52 eingeführt worden war und kaum mehr Ersatzteile für ohnehin kaum in der Truppe verwendete Säbelmuster produziert worden sein dürften.

Anders wird es aber um 1845 ausgesehen haben.
Wenn zu diesem Zeitpunkt die Klinge eines Säbels der 2. Dragoner so schwer beschädigt wurde, dass sie ersetzt werden musste, woher kam der Ersatz? Neuproduktion oder Ausschlachten der magazinierten Waffen?

Mir sind zwei Ausführungen preußischer Ersatzfertigungen bekannt.


20.06.19, 12:40:12

ulfberth

(Moderator)

Zitat von Clouseau:
Zitat:
...
Wobei die Quelle von 1865 natürlich ziemlich spät liegt, da z. B. seit mehreren Jahren bereits der Kavallerie-Säbel M/52 eingeführt worden war und kaum mehr Ersatzteile für ohnehin kaum in der Truppe verwendete Säbelmuster produziert worden sein dürften. ...

Mir sind zwei Ausführungen preußischer Ersatzfertigungen bekannt.


Wenn die Angabe bei Lehmann korrekt ist, dann waren 1870/71 noch einige Regimenter mit dem Säbel f/F bewaffnet. Diese 6000 Säbel betreffen m. E. keine aktiven Formationen, sondern eher Landwehr-Kavallerie.

Die alten Infanteriesäbel wurde jedenfalls im Verzeichnis aufgeführt. Nur waren diese zum Teil auch noch bei aktiven Truppenteilen im Gebrauch. Bei den Säbeln der Landwehr dürften die Ausfälle von einzelnen Waffen- oder -teilen seltener gewesen sein.

Gruß

ulfberth


www.seitengewehr.de
20.06.19, 13:01:20

Clouseau

(Mitglied)

Hallo ulfberth,

diese große Anzahl an Säbeln kann nach dem üblichen procedere in der preußischen Armee tatsächlich nur für die Landwehr gedacht und aufbewahrt worden sein, das stimmt so.

Allerdings sind mir keine Abbildungen von Manövern oder Landwehr-Übungen zwischen, sagen wir mal 1830 und 1860 bekannt, die dieses Modell dort zeigen. Hier ist immer der Kavalleriesäbel engl./Form zu sehen.
Auch bei den bisweilen auftauchenden späteren Fotos aus dem 1870-ger Krieg ist mir keines mit diesen französischen Säbeln bekannt. Wer eines kennt, bitte zeigen!

Gerade die Landwehr-Kavallerie bestand je im Grunde nur auf dem Papier. Ich nehme nicht an, dass die bereitgehaltenen Waffen mit LW-Truppenstempeln versehen waren und auch nicht, sollten sie tatsächlich bei der Mobilmachung 1870 ausgegeben worden sein, noch mit solchen versehen wurden.

20.06.19, 14:31:24
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