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corrado26

(Super-Moderator)

An manchen österreichischen/ungarischen Säbeln und Pallaschen kann man an der Klingenspitze Einkerbungen sehen, die keinesfalls auf Beschädigungen im Gefecht zurückzuführen sind, sondern die mit Absicht eingefeilt wurden. Dargestellt, aber nicht beschrieben werden diese als einzige mir bekannte Quelle im großen "Wagner".
Hat hier jemand eine plausible Erklärung für diese Machart? Mir hat man gesagt, dass diese Kerben eine stärkere Verletzung des Gegners bewirken sollten, aber auch helfen sollten, heruntergefallene Gegenstände vom Pferderücken aus hochzuholen. Gibt es vielleicht hinweisende Literaturstellen außer Wagner?. Bei Seitz habe ich nichts dazu gefunden. Die Fotos zeigen zwei Pallasche mit gekerbten Klingenspitzen.

corrado26

17.04.17, 08:52:35

sonjar

(Mitglied)

Hallo corrado26, sind zum Aufheben vom Pferderücken, die Einkerbungen nicht zu klein?! Ich, könnte mir hier eine wesentlich .. stärkere .. Verletzung, nach einem zurück gezogenen " STICH," als Möglichkeit vorstellen !? Gruß, Bernd

17.04.17, 09:31:18

Clouseau

(Mitglied)

Diese sogenannten „Reißhaken“ gab es auch in Preußen. Meiner Meinung nach handelt es sich um eine Modeerscheinung etwa um 1740/60, vielleicht auch früher. Später verschwanden sie wieder.

Angehängt ein Foto der Klingenspitze von einem preußischen Kürassierdegen „M. 1732“ (kleine FR-Chiffre), um 1740.

Der Ursprung ist mir unbekannt, sie stammen vielleicht aus dem österreich-ungarischen Raum und wurden wie so vieles vom Gegner, also hier den Preußen, übernommen. Sie dürften von den Truppen eigenmächtig angebracht worden sein, vielleicht auch nur von einzelnen Leuten. Offizielle Anweisungen sind zumindest in Preußen nicht nachweisbar.

Als Begründung werden immer wieder die beiden bereits angeführten Möglichkeiten genannt. Die Vergrößerung der Wunde beim Herausziehen erscheint wenig plausibel, wenn die Klinge nicht dabei verdreht wird. Ob dies im Gefecht überhaupt möglich war, kann bezweifelt werden. Aber vielleicht gab es ja dem Träger der Waffe ein Gefühl der Überlegenheit.

In einem Buch habe ich gelesen, dass plündernde Reitertrupps nach einem Gefecht über das „Feld der Ehre“ ritten und tatsächlich mithilfe dieser Reißhaken ohne von Pferd steigen zu müssen, herumliegende Kartuschkästen, Brotsäcke, Tornister, etc., aufhoben, um darin nach Beute oder Essbarem zu suchen. Leider kann ich die Fundstelle hier nicht konkret benennen.


17.04.17, 12:14:04

corrado26

(Super-Moderator)

Zitat von Clouseau:


In einem Buch habe ich gelesen, dass plündernde Reitertrupps nach einem Gefecht über das „Feld der Ehre“ ritten und tatsächlich mithilfe dieser Reißhaken ohne von Pferd steigen zu müssen, herumliegende Kartuschkästen, Brotsäcke, Tornister, etc., aufhoben, um darin nach Beute oder Essbarem zu suchen. Leider kann ich die Fundstelle hier nicht konkret benennen.


Herzlichen Dank für den interessanten Hinweis auf Preußen und vor allem die Verwendungsmöglichkeiten
corrado26

17.04.17, 12:37:05

ulfberth

(Moderator)

Der „Reißhaken“, andere verwenden auch den Begriff „Widerhaken“, hat mit der Einkerbung nicht wirklich etwas zu tun. Ersterer ist bei Stangenwaffen anzutreffen, letzterer bei verschiedenen Äxten und ggf. Pfeilen. Nur, ich kenne auch keinen treffenderen Begriff.

Clouseaus Meinung bezüglich der Modeerscheinung und dem zeitlichen Bereich kann ich nur beipflichten. Gerhard Seifert hatte seinerzeit versucht, die literarischen Quellen zu dieser Besonderheit auszuloten. Meines Wissens ohne Erfolg.

Was die immer wieder ohne jeden Beleg abgeschriebene Definition „stärkere Verwundung des Gegners“ wirklich erzeugen soll, läßt sich anhand der kleinen Einkerbung nicht nachvollziehen. Eine spätere schlechtere Heilung des Wundrandes nützt im Gefecht auch nicht wirklich. Und daß hiermit die Schlagader gekappt wird …
Und was die Funktion „ich sammle Ausrüstung vom Schlachtfeld und muß nicht absteigen“ angeht, sind bei der Hakengröße auch Zweifel angebracht. Hiermit läßt sich vielleicht ein Hering vom Teller ziehen. Beim "Angeln" eines Koppels - soweit es sich nicht mehr am Mann befindet - kommen wir in den Bereich der Geduldsspiele.

Was immer wieder verblüfft, ist daß diese Einkerbung auch bei verschiedenen deutschen Blankwaffen vorkommt und in der Literatur partout nicht erwähnt wird. Einfaches Beispiel ist der sächsische Kavallerie Säbel 1764. Hier einmal ein Bild der Klingenspitze auf einem Foto-Negativ der Mannschaftswaffe. Das gelbmontierte Unteroffiziersstück hat die gleiche Klingenaussparung. Aber weder Hilbert noch Schulz scheinen diese Besonderheit bemerkt zu haben, bzw. erwähnen diese nicht.

Gruß

ulfberth




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18.04.17, 00:00:00
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