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limone

(Super-Moderator)

Kgr. Westphalen: Offiziersäbel der Chevauxlegers 1808-13

Markantes zweispangiges Gefaß mit bekrontem "JN" in Lorbeerkranz. Stahlscheide mit stromlinienförmigen Bändern. Mundblech mit drei innenseitigen Metallfedern.

Die Maße:
Gesamtlänge mit Scheide: 104 cm
Säbellänge: 95,5 cm
Klingenlänge: 85,5 cm
Klingenbreite: 34,5 mm
Klingenstärke: 10 mm


Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
10.10.16, 21:07:35

limone

(Super-Moderator)

Bei solch seltenen und schönen Stücken stellt sich automatisch die Frage nach der Originalität.

Für diejenigen, die beim Arbeitskreis Blankwaffen in Schwerin nicht die Gelegenheit hatten, diesen Säbel im Fundzustand in der Hand zu halten und sich darüber wundern, wie blank die Messingteile und die Vernietung sind:

Säbel so zu polieren, entspricht eigentlich nicht meinem ästhetischen Empfinden beim Umgang mit alten Waffen.
Bei diesem seltenen Stück habe ich mich jedoch zu einer fachgerechten Restaurierung entschlossen.

Der Fundzustand:

Rost auf allen Eisenteilen, eine der Griffkappennähte aufgebrochen, der Korb deformiert mit zwei Brüchen, die Griffwicklung fehlte und die Hilzenbelederung war nur noch zu 2/3 erhalten und zerfasernd in Auflösung begriffen (siehe Foto unten). Darüber hinaus alter gelöteter Griffbügelbruch.

Zum Löten und Richten der Korbes und dem Ersatz der Griffwicklung musste der Säbel geöffnet werden. Die Unterwicklung blieb erhalten. Gott sei Dank fanden sich an den verdeckten Enden noch Reste der Wicklung und an den Eindrücken im alten Leder konnte man die Art der Wicklung ablesen. So konnte sie, wie sie einmal an diesem Säbel war, wiederhergestellt werden.

Das Löten der Messingbruchstellen machte ein teilweises Polieren nötig. Damit die Patina sich wieder gleichmäßig entwickeln und ein homogenes Gesamtbild entstehen kann, mussten alle Messingteile poliert werden; daher die (kurzfristig) aufpolierte Optik. Zwei Brüche im Korb sowie die Dellen in der Scheide wurden belassen.

Ich hoffe, alle können das momentane Bild dieses Säbels nun deuten - jetzt lassen wir ihn wieder in Ruhe.

Möge er künftig in seiner ganzen Schönheit wieder weiteraltern (das erledigt die Zeit) und Zeugnis abgeben von französisch-westphälischer "Gebrauchskunst".

Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
11.10.16, 00:09:17

limone

(Super-Moderator)

In der königl. westphälischen Armee gab es 2 Chevauxleger-Regimenter: Das Garde- und das 1. Chevauxleger-Regiment.

Chef des Garde-Chevauxleger-Regiments war Oberst Wolff, dessen Säbel (erbeutet, schöne Geschichte, siehe Fotos unten) man im Museum Schloss Friedrichstein bewundern kann.

Die Säbel in diesem Museum sind zum Teil zu Restaurationszwecken geöffnet und dann mit einer Messingschlitzschraube statt Vernietung wieder geschlossen worden, so auch dieser. Bei dieser Gelegenheit könnte auch die Wicklung erneuert worden sein.

Die dort zum Säbel gezeigte Leder/Messing-Scheide gehört nicht zu diesem Säbeltyp, erkennbar an den Aussparungen im Mundblech für Mitteleisen; sie stammt wohl von einem "Sabre des Chasseurs à cheval de la Garde consulaire puis impériale, 2° modèle" (1803). Vielleicht fand der Oberst das schicker...

Das Museum zeigt auch einen solchen Säbel mit Metallscheide, allerdings mit doppelt gegenläufiger Griffwicklung und ohne Unterwicklung (?, siehe letztes Foto, schön zu sehen: die "Vernietschraube").


Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
11.10.16, 14:28:10

limone

(Super-Moderator)

Bis gerade habe ich dem Fußball gefrönt.

Diesen späten Beitrag schreibe ich nur, weil ich eigentlich dachte, das zuvor zum JN-Säbel Gesagte würde polarisieren;

Kaufleute: "Wie kann man die Restauration so öffentlich machen, so ein Depp".

Museumsleute: "Das ist unfair, jede Zeit hat ihren Kenntnisstand, warum sagt er das nicht auf kurzem Wege?".

Aber offensichtlich ist ja alles im Lot. freuen


Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
12.10.16, 01:49:25

Zietenhusar

(Supporter)

Hallo Carsten,

zuerst einmal Glückwunsch zum Säbel. Ich hatte ja das Vergnügen das Stück in den Händen zu halten und konnte auch die Schäden betrachten. Die Frage nach dem Für und Wider einer Restauration wird oft gestellt und ist ein gutes Diskussionsthema. Ich meine, warum sollte man nicht das machen, was der ehemalige Träger der Waffe seinerzeit hätte auch getan, nämlich, seine Waffe in einen gebrauchs- und öffentlichkeitsfähigen Zustand versetzen zu lassen? Es kommt bei einigen, so seltenen, Waffen vordergründig auf den Erhalt für die Nachwelt an. Und diese möchte sehen, wie so eine Waffe ursprünglich einmal aussah. Freilich, bei einem mittelalterlichen Schwert, welches man aus einem Burggraben geborgen hat, ist nur noch die Substanzerhaltung realisierbar und bei einem Artillerie-Extrasäbel braucht man so eine Prozedur nicht anwenden. Aber das entscheidet allein der Besitzer.

Wer weiß, vielleicht kommt er ja auch mal in ein Museum. zwinkern

Gruß,
Thomas

12.10.16, 05:51:46

limone

(Super-Moderator)

Zitat von Zietenhusar:
Wer weiß, vielleicht kommt er ja auch mal in ein Museum. zwinkern


Ich glaube nicht, denn dazu fehlt ihm ein wesentliches Detail:

Die Messingschlitzschraube auf der Griffkappe!

lachen


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
12.10.16, 13:04:00

limone

(Super-Moderator)

Ich habe gestern von Murat eine gebundene Zusammenstellung seiner Zeitungsartikel, Vorträge und Schriften erhalten (auch hier nochmals herzlichen Dank!).

Unter dem Titel "Dachbodenfund" beschreibt und dokumentiert er dort die Restaurierung einer Pistole M an 13, gefertigt von der "Manifattura Reale di Napoli" und kommt, nach Darlegung des geschichtlichen Zusammenhangs und der Schiderung je nach Nationalität divergierender Vorlieben der Art der Restauration, zu ähnlichen Schlüssen, wie Thomas und ich:

"...man bemüht sich ... einen funktionsfähigen, aber auch dem Alter des Stückes entsprechenden Zustand zu erreichen.".

Besser hätte ich das nicht sagen können!

Wichtig ist es jedoch (Anmerkung von ulfberth), den Zustand vor der Restaurierung zu dokumentieren.


Beste Grüße und danke für das Interesse

Carsten



     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
13.10.16, 19:43:55

mario

(Administrator)

Ich glaube der Säbel hat es gebraucht, vielleicht ein bisschen weniger des Guten , aber...
Zitat von Zietenhusar:
...das entscheidet allein der Besitzer.

Gruß Mario geschockt

Kein Schlitz im Niet? Was hast Du für einen Restaurator lachen


123
14.10.16, 05:42:09

limone

(Super-Moderator)

Zeichnung eines Chevauleger Lancier de la Garde
aus: Sauerweid, Alexander: L'Armée Westphalienne 1810, wahrsch. Dresden ca. 1830

Die Lanze, bei der 1. Eskadron mit blau-weißem Fähnchen, wurde 1812 abgelegt, dafür wurde ein Karabiner eingeführt.

Schön zu sehen: Der Säbel hängt auf der dem Betrachter abgewandten Seite des Gauls. traurig


Grüße

Carsten




     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
17.10.16, 17:09:26

limone

(Super-Moderator)

Ein bischen was für's Herz:

Altes Papier aus der JN-Zeit als Ambiente.


Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
02.11.16, 01:32:54
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