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Zietenhusar

(Supporter)

Zitat von einbaum:
Hallo Thomas, hier ein eine Seite aus dem Dolleczek über dieses Thema.
Gute Arbeit, Emil.

Der Hinweis auf "die unverkennbaren Spuren einer nationalen Zigeunerarbeit" erklärt die einfachen und nicht perfekten Ausführungen diverser Details.

Vermuten wir, neben der Herstellung, auch die Verwendung der Waffe bei den Zigeunern erklärt sich auch die nicht kriegstaugliche Ausführung. Möglicherweise dienten solche Säbel dann lediglich als Männerschmuck und für kleine Scharmützel.

Die fehlenden "Griff- und Scheidenstege" (Mitteleisen), wie von Mario angemerkt, stehen dem Buchausschnitt allerdings noch entgegen.

Schönes und interessantes Thema, wie ich finde.

03.02.16, 19:16:15

einbaum

(Mitglied)

Guten Abend auch allen, ich glaube mich zu erinnern im Nationalmuseum Budapest vor ca.25 Jahren eine Ausstellung, der Werdegang vom Schwert zum Säbel, Säbelklingen (Bodenfunde)mit Parierstange ohne Mitteleisen
gesehen zu haben. Ich kann das aber leider durch nichts belegen!
Habe es leider versäumt, die angebotenen günstigen Kataloge und Bücher zu kaufen.
Ja, Fragen über Fragen?
Mitteleisen, Modeerscheinug,oder ein Beitrag zur Stabilidät ?
( War vorher und nachher auch nicht nötig. )
Bei dem von mir gezeigten Säbel sitzt die Parierstange bombenfest
( aufgeschlagen oder aufgeschrumpft ).
Das kann ich bei Säbeln mit Mitteleisen so nicht bestätigen, meistens eine
wackelige Sache.
Gruß Emil



03.02.16, 20:53:51

Abdank

(Moderator)

Durch Zufall bin ich auf diesen alten Beitrag gestoßen und würde dazu gerne meine Gedanken teilen, da dieser Säbel in mein eigenes Sammelgebiet fällt. Vielleicht ist es für den ein oder anderen zukünftig relevant.

Vorweg muss gesagt werden, dass diese Art von Säbel bisher in sowohl der polnischen, als auch ungarischen Literatur recht stiefmütterlich behandelt wird. Ganz zu schweigen von Autoren anderer Regionen.


Kurz zum Säbeltypus

Es handelt sich der Form nach um einen Säbel aus der "Familie" der Husarensäbel, welche aber auch in Osteuropa für das Fechten gebraucht wurden und deswegen durchaus kürzer und leichter ausfallen konnten. Die Anfänge dieser Waffe reichen in Europa sicherlich bis in die Hälfte des 15. Jhd.. Man siehe z.B. das Gemälde "Schlacht bei Orscha" von ca. 1514 wo dargestellt wird, dass große Teile der polnischen Kavallerie schon mit Säbeln husarischer Art ausgestattet sind. Erwähnenswert ist hier der parallele Einsatz von Husaren und "Rittern" (schwer gepanzerter Lanzenkavallerie - nicht der Stand ist gemeint).

Blankwaffenchronologisch muss diese Art von Säbel auf jeden Fall auf die Zeit nach S. Batory (gest. 1586) datiert werden. Vor Batory benutzte die Kavallerie ungarisch modifizierte "Delisäbel". Der "Deli" war das osmanische Pendant oder evtl. sogar Vorläufer des Husaren.

Ikonographisch lässt sich dank der Stockholmer Rolle das Aufkommen dieses Säbels tendenziell ebenfalls nach ca. 1605 datieren. Zur Zeit Bathorys und bis hinein in die Regentschaft Sigismund III dominierte ein relativ schwerer ungarischer Säbel die Blankwaffenlandschaft. Diese Säbel hatten sehr lange Parierstangen und Kreuzeisen und besaßen den typischen mandelförmigen Knauf welcher noch anfang des 19. Jhd. Verwendung fand. Dieser typische ungarisch-polnische Husarensäbel wurde bis ca. 1700 genutzt.
Nun muss man für die Idee offen sein, dass anders als bei Blankwaffen der späten Neuzeit wo ein Modell das andere ablöste bis zu den ersten Regulierungen viele verschiedene Säbeltypen parallel hergestellt und benutzt worden sind. Das macht die genaue Datierung dieser Säbelform so schwierig. Mit "genaue Datierung" meine ich, wenn ich in Jahrzehnten denke.
Ich denke, dass man davon ausgehen kann, dass dieser hier von dem Nutzer vorgestellte Säbeltypus der gleichen Evolution folgte wie alle Blankwaffen, nämlich einer Vereinfachung und evtl. Ökonomisierung vorangegangener Formen. Diese Vereinfachung war meist eine Folge der Notwendigkeit von Massenproduktionen während Konflikte andauerten: Im 17. Jhd. war dies natürlich der Dreißigjährige Krieg. Ich gehe deshalb sehr stark davon aus, dass dieser (sehr einfache) Säbeltypus zwischen 1618 und 1648 entstand und seine "Blütezeit" erlebte.
Auf Grund der rudimentären (von einem anderen Nutzer als "primitiv" beschimpft) Bauweise sind wir hier sicherlich noch vor ca. 1660, als die ersten typischen Bügelgefäße auf Husarensäbeln von den Polen genutzt worden sind. Die Ungarn sind diesbezüglich relativ lange ihrem "offenem Gefäß" treu geblieben, tendenziell bis hinein in die erste Hälfte des 18. Jhd.. Bis zu diesem Zeitpunkt (ca. Mitte 17. Jhd.) gab es grob gesagt die Palette "L-Gefäß", "offenes Gefäß" (simple Parierstange) oder "offenes Gefäß mit Kette".

Warum er nicht früher genutzt wurde, wurde schon beleuchtet. Später passt auch eher nicht, da nach und nach reguliert wurde, mehr Stücke verknüpft mit bedeutenden Ereignissen eine ganz andere Bauweise aufweisen und schlicht keine (bekannten) ikonographischen Quellen dazu vorhanden sind. Zusätzlich ist eine generelle Produktionstendenz in Europa zu erkennen die einen anderen durchgängigen "Stil" aufweist.
Als Nachtrag auf Grund von späteren Nachforschungen in der Literatur sei hier der Hinweis gegeben, dass W. Kwasniewicz in "Dzieje szabli w polsce" (Bellona Verlag) diesen Säbel auf besagter Stockholmer Rolle zu erkennen glaubt. Um genau zu sein soll er spezifisches Ausrüstungsteil der Husarenkompanie des Wojewoden Posens gewesen und außerhalb des Königreichs Polen von Hajduken benutzt worden sein. Nachprüfen kann ich dies bis dato nicht, aber erwähnen sollte man es.

Diese Art von Säbel dürfte ein Allrounder gewesen sein, der sowohl in Polen-Litauen, als auch in Ungarn oder angrenzenden Gebieten eingesetzt wurde. Die einzigen Stücke die Inskriptionen aufwiesen und mir bekannt sind waren polnischen Ursprungs ("Stephanus Batori Rex"; derselbe war nur in Polen-Litauen König // CAVE: Inschriften oder Ikonen von Batory oder Sigismund III Wasa wurden bis ins 19. Jhd. auf polnischen Klingen verwendet, daher die Namen "Batorówka" und "Zygmuntówka" *). Die Theorie von Dolleczek, dass diese Säbel von Zigeunern gefertigt wurden wüsste ich gerne belegt. Andernfalls würde ich sie schlichtweg auf Grund mangelnder Hinweise verwerfen. Die Schlichtheit dieser Säbel kann man besser mit Zeit- und Ressourcenknappheit erklären.

Zu dem Stück von Nutzer "einbaum"

Nachdem wir die Zeit und den Kontext dieses Säbeltypus etwas analysiert haben, schließt sich nun die Analyse der hier vorgestellten Exemplars an. Dabei orientiere ich mich nicht nur an vergleichbaren Stücken der selben Art, sondern an parallel in der der selben Region existierenden Stile und Fertigungsweisen für bestimmte Einzelteile.

Die Scheidenbeschläge sind untypisch für die Zeit. Diese waren modellierter, größer (v.a. der unterste Scheidenbeschlag war zu der zeit viel länger). Die Scheidennaht tendierte dazu auf dem Rücken platziert zu sein, hier ist sie mittig auf der Quart. Morphologisch sieht das Leder nicht altersgemäß aus. Die Messingteile weisen an sehr schwer zu reinigenden Stellen wenig bis keine Oxidation auf. Ein Umstand der Demontage und Reinigung oder eine spätere Fertigung indiziert (in Anbetracht des verm. Lederalters eher das Zweitere). Die Scheidenkonstruktion verjüngt sich zum Ort hin, ebenso eine Atypie welche im Gegensatz zum Großteil der Referenzen steht. Die dekorativen Elemente sind bei diesem Stück zu vernachlässigen, im Vergleich aber sehr viel einfacher ausgeprägt als sonst Usus.

Ich gehe von einer neueren/neuen Scheide aus.

Die Klingengeometrie erscheint im Grunde zeitgemäß, wenn man einen massiven Abschliff voraussetzt. Wie Thomas anmerke, waren die Klingen zum Ort hin mindestens genau so breit wie das Ricasso, wenn nicht noch breiter. Dies kann bei Originalen durch Abschliff nach intensiver Nutzung verloren gegangen sein. Dies kann man anhand der Fotografien nicht eindeutig feststellen. Die Schmiedemarke, mir unbekannt, erscheint legitim. Das Fehlen von jeglichen Hohlkehlen (günstigere Klinge) passt zur schlichten Ausführung aller anderen Teile.

Die Parierstange erscheint in ihrer Machart zeitgemäß, jedoch ohne die typischen Mitteleisen, die Husarensäbel aller Art bis in die zweite Hälfte des 18. Jhd. begleiteten. Entweder eine sehr sparsame Fertigung oder Kopie. Auf Grund der "pommelwärts" gebogenen Parierstange könnte man eine intensive Nutzung attestieren, dies sehe ich jedoch auf Grundlage des unverbrauchten (/nicht abgeschliffenen) Ricassos eher nicht. Parierstangen waren grundsätzlich gerade oder nach ortwärts gebogen. Ich tendiere deswegen zur Bewertung des Gefäßes als Kopie. Weniger wahrscheinlich wären andere Einflüsse, aber denkbar.

Das Griffleder erscheint zu intakt im Gegensatz zur Korrosion der Parierstange. Wegen dieser Diskrepanz gehe ich von einer Ergänzung/Kopie aus. Die Messingelemente des Griffes (Kappe, Kette) erscheinen ohne jegliche Korrosion. Messing ist nicht so leicht zu reinigen wie man denkt und speziell an Kanten oder in Rillen ist Oxidation sehr hartnäckig. Ich würde an dieser Stelle ebenfalls von einer späteren Fertigung ausgehen.

Konklusion

Meiner persönlichen Meinung nach handelt es sich auf Grundlage der in den einzelnen Punkten aufgeführten Argumente höchstwahrscheinlich um eine Kopie unter der Verwendung einer evtl. originalen Klinge. Weniger wahrscheinlich, aber denkbar, ist ein originaler Säbel der auseinandergenommen, intensiv gereinigt und wieder zusammengesetzt und mit einer neuen Scheide versehen wurde. Ein Original in unberührtem Zustand ist meiner Meinung nach auszuschließen.

* Der Terminus "Batorówka" wird fälschlicherweise oft für Säbel ungarischer Art aus der Zeit von Stefan Batory verwendet. Er bezeichnet korrekterweise einen Säbel mit einer Klinge die Batory gewidmet ist. Selbes gilt für "Zygmuntówka" im Kontext von Sigismund III Wasa.


01.06.23, 21:41:33

einbaum

(Mitglied)

Mit großem Interesse habe ich die letzten Beiträge gelesen, danke dafür. Hier noch ein paar Bilder die vielleicht zur Aufklärung beitragen können.

Mfg. einbaum

15.06.23, 15:44:02

einbaum

(Mitglied)

Bilder : 2

15.06.23, 15:52:42

einbaum

(Mitglied)

Bilder: 3

15.06.23, 16:08:10

Abdank

(Moderator)

Hier ist ein Beispiel wie die Naht einer Scheide aus dem angepeilten Zeitraum und der Region für gewöhnlich aussieht und wo sie platziert ist. Das von mir vorgestellte Stück ist wahrscheinlich ein halbes Jahrhundert jünger als die Diskussionsgrundlage, aber das spiegelt die Technik der Naht wie sie auch in Museen zu finden ist wieder.



15.06.23, 20:54:35

excalibur

(Moderator)

lieber abdank. aufgrund deiner ausführungen könnte man meinen, dass du irgendwie "akademisch gebildet" an dieses thema herangehst. diese liest sich so, wie man es sich von einem theoretiker vorstellt. ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber leider strotzt dieser artikel, meiner meinung nach, von praktischer unwissenheit. schon allein die aussage über die naht ist erschreckend. die nähte waren oftmals auf der rückseite der scheide, wobei es sicherlich auch solche gegeben hat, die an ober oder unterkante waren. aber dass eine naht gewöhnlich so ausgesehen hat, wie du sie vorgestellt hast, ist vollkommen aus der luft gegriffen. ja.... ich kenne die scheide nicht, die du da vorgestellt hast, aber diese sieht auf den bildern so aus, als ob sie viel jüngeren datums ist, wie sie oft von "spezialisten" im museum angefertigt wurden. hier noch zwei nähte, die von sogenannten "nachgeahmten" säbelscheiden stammen. zwinkern bitte nicht böse sein.

04.08.23, 11:02:15

Abdank

(Moderator)

Zitat von excalibur:
lieber abdank. aufgrund deiner ausführungen könnte man meinen, dass du irgendwie "akademisch gebildet" an dieses thema herangehst. diese liest sich so, wie man es sich von einem theoretiker vorstellt. ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber leider strotzt dieser artikel, meiner meinung nach, von praktischer unwissenheit. schon allein die aussage über die naht ist erschreckend. die nähte waren oftmals auf der rückseite der scheide, wobei es sicherlich auch solche gegeben hat, die an ober oder unterkante waren. aber dass eine naht gewöhnlich so ausgesehen hat, wie du sie vorgestellt hast, ist vollkommen aus der luft gegriffen. ja.... ich kenne die scheide nicht, die du da vorgestellt hast, aber diese sieht auf den bildern so aus, als ob sie viel jüngeren datums ist, wie sie oft von "spezialisten" im museum angefertigt wurden. hier noch zwei nähte, die von sogenannten "nachgeahmten" säbelscheiden stammen. zwinkern bitte nicht böse sein.


Hallo Excalibur,
durch Zufall habe ich dieses Thema wiederentdeckt und damit deine Antwort, sonst hätte ich mich eher zurückgemeldet.

Danke für das Teilen deiner Gedanken. Ich versuche mich so gut es geht auf sowohl Theorie, als auch Praxis zu stützen. Wie jeder Passionat mache ich das nach bestem Wissen und Gewissen und werde niemals behaupten können fehlerfreie Ansichten zu haben. Letztens habe ich deswegen einen meiner aufwendigsten Texte in einem anderen Forum zurückgezogen - aus dem Grund, dass ich dazugelernt habe.

Ich freue mich, dass mein Anspruch das Thema "irgendwie" akademisch anzugehen offensichtlich zur Geltung kommt und auch wenn wir nicht einer Meinung sind, so ist genau diese Auseinandersetzung Teil von wissenschaftlicher Arbeit.
Ich habe den großen Luxus dies freizeitlich tun zu können und keinen Benefit davon meine Gedanken zu teilen: Das geschieht aus reiner Lust am Schreiben und an der Recherche.

Ich freue mich immer Neues dazu zu lernen und würde mich umso mehr freuen, wenn du die Zeit finden würdest deine fachlichen Argumente zum Thema der mittel- und osteuropäischen Säbelscheiden des 17. Jhd. etwas weiter zu erläutern, evtl. mit einigen Fotografien zu schmücken.
Ich finde es etwas unfair mehrere Seiten Hypothesen und Belege mit einer doch eher persönlich anmutenden Kritik von zwei Sätzen abzufertigen. Deswegen: Für einen fachlichen Austausch von Informationen oder Thesen bin ich sehr offen und sehe dem entgegen.


Viele Grüße

20.09.23, 19:54:50

excalibur

(Moderator)

Lieber abdank.

Danke für deine rückmeldung. Deine stärke ist das Schreiben. Meine leider nicht. Ich bespreche lieber diverse stücke mit dem gegenüber. Aber ein kleiner Zusatz noch. Genau die vermeintlichen Fehler, die du bei diesem Stück angeprangert hast, hast du bei dem stück, welches du, ich glaube, in Polen erworben hast, außer acht gelassen. Wie gesagt, ich bin nicht der große Schreiber und möcht nicht unhöflich erscheinen, deshalb habe ich nichts zu deinem stück gesagt. Was ich vom scheidenleder halte. Habe ich hier kundgetan. Bitte nicht böse sein. Ich schreibe meine Erfahrungen zu diversen Themen, ohne eine Wissenschaft, mit vielen Quellenangaben daraus zu machen.......

Alles Gute weiterhin. freuen


22.09.23, 17:51:27
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