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Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 
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Clouseau

(Mitglied)

Ich möchte das Thema Bewaffnung der Schloßgardekompanie nochmals aufgreifen.
Auch wenn ich die Truppe selbst, insbesondere in der wilhelminischen Zeit, um einen Ausdruck von Hans Bleckwenn zu gebrauchen, “komisch” finde, ist die Bewaffnung sicherlich ein interessantes Thema.

Man sollte hier in die Diskussion auch einmal die den meisten Sammlern als “Bollinger-Säbel” bekannten Muster einbeziehen. U. a. erwähnt bei Windsheimer “Me fezit Potsdam”, S. 24 f. und die diesbezüglichen Abb. 77 ff..

Ich mag der These Windsheimers, dass diese Säbel aus der Zeit vor 1806 stammen, nicht unbedingt folgen. Allerdings fehlen mir genaue Angaben über den Zeitraum, in der die Fa. „C. Bollinger / Schwerdtfegermeister in Berlin / Königstraße No. 46“ tätig war und ihre Produkte auf diese Weise kennzeichnete. M. W. nach ist sie wohl eher in den Jahren 1820/40 nachweisbar (hier würden wahrscheinlich Recherchen in Berliner Adressbüchern weiterhelfen können). Auch die Chiffre FWR und die Art der Ätzung deuten eher in diese Zeit.

Könnte man diesen Zeitraum bestätigen, ist die Frage zu stellen: Warum dieser besondere Säbel (d. h. Mixtur aus altpreuß. Gefäß (M 1715) und moderner Klinge) immer nur von diesem einen bestimmten Berliner Hersteller? Hier würde sich als Lösung eben die Schloßgardekompanie anbieten. So zumindest meine Arbeitshypothese.

Bitte um Meinungen und hinsichtlich der Berliner Sammlerschaft um Wälzen von Adressbüchern (z. B. im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz als Mikrofilm vorhanden). Sind „Bollinger-Säbel“ mit Truppen-/Abnahmestempeln bekannt? Aus der Erinnerung heraus wurde einmal ein Exemplar mit eher untypischer Stempelung (römische und arabische Nrn,) versteigert. Man muss auch daran denken, dass diese Truppe wohl in Teilen außerhalb der allgemeinen Normen und Vorschriften behandelt wurde.


08.09.11, 23:11:33

mario

(Administrator)

Hallo Clouseau,

mir wurde vor längerer Zeit was zugespielt, ich weiß nicht wer sich die Arbeit gemacht hat, kann es bloß vermuten (R.H.).

1799 Bollinger Wbc. Schwertfeger, aber noch in "Hoher Weg"
1812 Bollinger A. Königstr.46
wieder 1822 erwähnt
dann haben wir ihn,
1848 Bollinger C.Königstr.46E
1855 nur Bollinger Königstr.46
und dann,
1865 Bollinger C. Holzmarkstr.62
weiter geht die Aufzeichnung nicht,

Quellen: Auszug aus Berliner Adressbüchern, Allgemeine Wohnungsanzeigen,
Militär-Effekten-Fabriken u.Handlungen

Grüße aus Berlin, Mario




123
04.04.12, 20:26:53

Preussen

(Mitglied*)

Guten Tag,
ein Schwertfeger C. Bollinger in Berlin, Königsstraße 46 wird im Allgemeinen Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebung in den Jahren 1848 (Königsstrasse 46 E), 1855 und 1856 genannt.
Die Bienenkorbmarke des Klingenherstellers Samuel Hoppe, Solingen wurde nachweislich ab 1853 geschlagen. (1)
Insofern ist die von Windsheimer getroffene zeitliche Einordnung „… um 1800 ...“ (2), wie von Clouseau schon bemerkt, zweifelhaft.
Die These, dass diese Seitengewehre in der Schloßgarde-Kompanie, die am 30. März 1829 als Garde-Unteroffizier-Kompanie gegründet und am 3. Oktober 1861 umbenannt wurde (3), geführt wurden ist interessant. Da jedoch der einzig bisher vorgelegte Anhalt für diese Überlegung die Zeichnung von Pfannenberg ist scheint auch sie unzutreffend, da die Zeichnung, wie Mario bereits festgestellt hat, ein Seitengewehr m/ST „M 1816“ zeigt.
Der nachfolgend gezeigte „Bollinger-Säbel“ zeigt auf seiner Klinge beidseitig die gravierte Chiffre FWR mit Krone. Terzseitig ist die Gravur C. Bollinger Schwerdtfeger Meister, quartseitig Königsstraße No 46 in Berlin graviert. Auf der terzseitigen Fehlschärfe ist die Bienenkorbmarke erkennbar. In die Stichblatt Unterseite sind II und 66 geschlagen.
GL 792 mm KL 64,7 KB 31,3 mm

(1) Walter, "The sword and bayonet makers of Imperial Germany"
(2) “me fecit Potzdam”
(3) Wikipedia.

Gruss
Preussen


15.12.13, 14:01:37

Clouseau

(Mitglied)

Hallo Preussen,

bei diesem Stück dürfte es sich um den von mir bereits erwähnten Säbel mit untypischer Stempelung/Gravur handeln.

Könntest Du ein Detailfoto des "Truppenstempels" nachreichen?

Gruß
Clouseau




15.12.13, 19:45:30

mario

(Administrator)

Die Bienenkorbmarke sollte es schon eher gegeben haben. Wenn die Kompanie 1829 aufgestellt wurde, kann es möglich sein, dass die ersten Waffen noch nicht gestempelt wurden. Nach 1829 kann ich mir nicht vorstellen, dass die Schlossgarde keine abgenommenen Waffen getragen hat.

Gruß Mario


123
15.12.13, 22:03:10

Preussen

(Mitglied*)

Guten Abend,
mehr als die gezeigten Bilder kann leider nicht geboten werden!
Gruss
Preussen


15.12.13, 22:32:59

ulfberth

(Moderator)

Zitat von blacky21:
Hallo,
ich möchte hier einen Säbel M 1816 vorstellen.Das Stück ist auf dem Klingenrücken u.auf dem Par.stangenzapfen W 68 ge-
stempelt.Desweiteren sind Abnahmestempel auf Knauf u.Tragehaken.Zur damaligen Zeit wurden diese Säbel von der Landwehr,Trainfahrern,Lazarettgehilfen sowie der Schloßgarde getragen.Ich glaube kaum ,daß man für die ersten 3 Gruppen ,bei einem Fehlbestand,Säbel nachproduziert hat.Es könnte sein
das dieses Stück bei der Schloßgarde getragen wurde.Eine neugefertigte Waffe macht doch mehr her beim Dienst in den Schlössern.
Nun warte ich auf Reaktionen.
Gruß Hans-Jochen


Vielleicht eine ketzerische Frage: Was haben späte Fertigungen dieser Infanterie-Säbel nun unbedingt mit der preußischen Schloßwache zu tun?

Gruß

ulfberth



www.seitengewehr.de
25.12.13, 00:42:57

Clouseau

(Mitglied)

Zitat von ulfberth:
Vielleicht eine ketzerische Frage: Was haben späte Fertigungen dieser Infanterie-Säbel nun unbedingt mit der preußischen Schloßwache zu tun?


Die einfache Antwort lautet: Nichts.

Das Problem der hier geführten Diskussion ist, dass wir über zwei, ich möchte mal sagen „Säbeltypen“ sprechen. Besser sollte man das Thema aufteilen.

Das eine ist der Infanteriesäbel mit Stichblatt in der späten, d. h. mit Abnahmestempeln/-punzen versehenen Ausführung. Als solcher völlig unproblematisch - diese Waffe wurde bis in die 70-ger Jahre regulär von einem bestimmten Personenkreis dienstlich getragen und bei Beschädigungen/Reparaturen wurden neue (gestempelte) Teile eingebaut, vielleicht sogar ganze Säbel neu gefertigt.


Der andere Typ (ich schreibe bewusst „Typ“) ist eben der von mir so genannte „Bollinger-Säbel“. Dieser wird von den bisherigen Autoren blankwaffenkundlicher Werke einfach entweder dem altpreußischen Model („M. 1715“) zugerechnet, manchmal dem Infanteriesäbel mit Stichblatt („M. 1816“).

Die Frage ist, ob wir hier nicht ein eigenes Modell / Muster vor uns haben?

Es handelt sich um eine Mischform aus altpreußischem Gefäß mit einer weder der altpreußischen, noch der des M. 1816 entsprechenden Klinge. Diese Waffen stammen lt. Ätzung (nicht Gravur) immer (!!!) von dem Schwertfeger Bollinger; ob immer eine Bienenkorbmarke eingeschlagen ist, kann ich bisher nicht sagen. Sie sind von der Adresse des Bollinger und dem Typus der Ätzung her etwa den 1840-ger Jahren zuzuordnen. Die Ätzung ist im Übrigen als aufwendig und hochwertig anzusehen.

Dem kritischen Betrachter stellt sich nun die Frage nach dem Warum?
Hat Bollinger einen Kundenstamm gehabt, an der er im Raum Berlin Privatausführungen dieser Säbel in größerer Anzahl verkaufen konnte? Oder handelt es sich eben um ein eigenes Muster, welches vielleicht aus der königlichen Schatulle auf einem abweichenden Beschaffungsweg bestellt und bezahlt wurde.

Hier spielt dann auch die Frage rein, warum offenbar keine offizielle Abnahme erfolgte. Hier kann man nicht die grobe Raspel ansetzen, sondern sollte zu einer feineren Feile greifen. Garantierte Bollinger mit seinem Namen für eine ausreichende Qualität? Wie sieht es in dieser Beziehung z. B. mit den Gala-Pallaschen des zweiten Zuges der Leibgendarmerie aus, die ja noch wesentlich später hergestellt wurden? Waren diese dienstlich abgenommen?
All diese Waffen waren zudem gewiss nicht für das Kampfgetümmel gedacht, auch das sollte man bedenken.

Kein einfaches Thema also. Umso wichtiger ist es, Informationen und Ideen zu sammeln.

Ein gesundes, ruhiges Weihnachtsfest wünscht
Clouseau


25.12.13, 10:38:56

ulfberth

(Moderator)

Zitat von Clouseau:
...
Hat Bollinger einen Kundenstamm gehabt, an der er im Raum Berlin Privatausführungen dieser Säbel in größerer Anzahl verkaufen konnte? ...


Möglicherweise. Denn ein Gedanke ist bisher ja noch nicht in die Überlegungen mit eingeflossen: das Berliner Invalidencorps zu 3 Kompanien, um 1842 16 Compagnien (2 je Armee-Corps) bzw. ab 1846 Invalidenhaus mit nunmehr 8 Compagnien.

Gruß

ulfberth


www.seitengewehr.de
25.12.13, 10:53:31

Preussen

(Mitglied*)

Zitat von Clouseau:
Wie sieht es in dieser Beziehung z. B. mit den Gala-Pallaschen des zweiten Zuges der Leibgendarmerie aus, die ja noch wesentlich später hergestellt wurden? Waren diese dienstlich abgenommen?


Guten Tag,

der Gala-Degen für den Offizier des 2. Zugs der Leibgendarmerie war nicht abgenommen.
Die Waffen zeigen auf der Stichblattunterseite am Angeleinlass, verdeckt von der Klinge, eine einstellige Zahl und sind hergestellt bei Weyersberg Kirschbaum & Cie in Solingen.

Angenehme Feiertage und Gruss
Preussen


25.12.13, 16:04:29
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