B L A N K W A F F E N
DAS FORUM FÜR SAMMLER & INTERESSIERTE
unter dem Dach der
Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 
Autor Nachricht

Preussen

(Mitglied*)

Guten Tag zusammen,
ich stelle ein Preußisches Infanterieseitengewehr ohne Stichblatt vor das sicherlich ein „hohes Dienstalter“ hatte
- Der Klingenrücken zeigt die Gravur C. V. Keller in Solingen 1827- die Klinge auf beiden Seiten die Ätzung FWR mit Krone.
- Das Kreuzstück ist quartseitig mit 2.C.94. gestempelt und zeigt
- terzseitig den Truppenstempel I.R.67.2.94. (4. Magdeburgisches Infanterie-Regiment Nr. 67, 5.5.1860 aufgestellt und garnisoniert in Wittenberg und Quedlinburg).
- Vom Mundblech der Scheide wurde der Tragehaken entfernt und eine Öse mit einem Tragering angelötet und
- ein zusätzliches Mittelblech mit Öse und Tragering angebracht.
- Das Mund- und Ortblech der Scheide zeigen die ärarische Marke FW mit Krone, die Jahreszahl 38 und S&K.
- Durch das Griffstück ist, mit roher Gewalt, ein Niet getrieben, dessen Notwendigkeit sich nicht erschließt da die Angel fest mit dem Griffstück vernietet scheint - und wenn dem nicht so gewesen wäre hätte man das sicher machen können.
GL 718, KL 586, KB 30,3


05.04.12, 14:49:52

Preussen

(Mitglied*)

Meines Erachtens ist interessant, dass man den quartseitigen, sicher älteren Stempel nicht gelöscht hat sondern mit gleicher Kompanie- und Waffennummer auf die Terzseite übernommen hat.
Bemerkenswert ist auch, dass eine Waffe die 1827 hergestellt wurde von einem Regiment übernommen wurde das erst 1860 aufgestellt worden ist.
Pietsch führt auf Seite 121 aus,
„… die Neuformationen von 1860, einschliesslich die Garde, nahmen alle wieder meist die Neupreußischen Säbel in Gebrauch …“, sagt aber nicht bis wann diese von der Linie getragen wurden.
Maier gibt einen Zeitraum von 12 Jahren für das Außerdienst setzen der Waffen bei der Linie an wenn er schreibt
„… Die preußische Linieninfanterie trägt das M 1816 bis zum Jahre 1852, teilweise sogar bis 1864.“ (Band II S 281).

Nun möchte ich diese für mich nicht geklärte Frage an das Forum weitergeben
- Bis wann fanden diese Säbel bei der Linie Verwendung,
- Wurden die Stücke die später von der Landwehr übernommen wurden grundsätzlich entsprechend gekennzeichnet und
- ab wann wurden die Säbel von der Gendarmerie und oder der Polizei übernommen und
- letztlich, stempelte die Gendarmerie grundsätzlich mit L.G. oder R.G.?


05.04.12, 14:54:39

mario

(Administrator)

Zitat von Preussen:

Bemerkenswert ist auch, dass eine Waffe die 1827 hergestellt wurde von einem Regiment übernommen wurde das erst 1860 aufgestellt worden ist.


Hallo Preussen,
die Klinge wurde 1827 hergestellt, die Scheide (ohne Truppenstempel?) wurde 38 abgenommen (da würden mich noch Bilder interessieren) und das Gefäß...
Was man sieht, ist doch ein Gefäß vom Infanterieseitengewehr ohne Stichblatt und eine Klinge vom Infanterieseitengewehr mit Stichblatt oder ?
Gruß Mario


123
05.04.12, 22:29:05

Preussen

(Mitglied*)

Guten Tag Mario,
in der Anlage das gewünschte Bild.
Bei der Klinge bin ich mir unsicher. Die Klinge dieser Waffe ist mit KL 586 und KB 30,3 leichter als die meiner zwei Seitengewehre m/ST (M 1816) KL 637/648 KB 32/34.
Wissend was es alles gibt bin ich überzeugt, dass das Gefäss und die Klinge, wenn nicht schon immer, so doch schon sehr lange verheiratet sind.


06.04.12, 09:22:50

mario

(Administrator)

Danke für das Bild.
Es gibt nichts was es nicht gibt zwinkern , man war ja nicht dabei.
In so einem Gefäß hatte ich auch schon eine 1715ner Klinge mit Abnahme "Adler". Man ist aber immer in Erklärungsnot.
Gruß Mario


123
06.04.12, 10:53:34

ulfberth

(Moderator)

Sicherlich eine interessante Waffe. Wobei vieles im Dunkel liegt, wohl kaum aufgeklärt werden kann und sich die Zusammenhänge bestenfalls mit Thesen erklären lassen.

Die 3 Landwehr-Stamm Bataillone des 27. Landwehr-Regiments Halberstadt, Halle und Aschersleben wurden durch A.K.O. vom 5.5.1860 zum 27. kombinierten Infanterie-Regiment umformiert. Am 4. Juli des gleichen Jahres erfolgt die Umbenennung in 4. Magdeburgisches Infanterie-Regiment Nr. 67.

Von diesem Zeitpunkt dürfte auch Truppenstempel auf der äußeren Parierstangenseite sein. Bei dem innen liegenden Fragment wurde vermutlich nur die davor gestempelte Landwehrbezeichnung gelöscht. Zumindest läßt sich dies nach dem Bild vermuten.

Maier bring es auf den Punkt „… Die preußische Linieninfanterie trägt das M 1816 bis zum Jahre 1852, teilweise sogar bis 1864.“ Die erste größere Umbewaffnung fand nach Ausgabe der Infanterie-Faschinenmesser M/1852 statt. Die Infanteriesäbel fanden aber weiterhin Verwendung bei der Landwehr und - wie auch von Pietsch angegeben - bei den Neuformationen von 1860. In den 60er Jahren fand dann teilweise die Aptierung der Säbel zu Seitengewehr U/M statt.

So haben sich dann bereits im Krieg 1870/71 die Verhältnisse bei der Bewaffnung (Zahlen gerundet) grundlegend verändert:
M/1852 100.000 bei der Truppe (16.000 im Depot)
SG U/M 285.000 (36.000)
SG o/St 14.000 (1.400)
SG m/St 50.000 (17.000)

Geringe Reste der alten Infanterie-Säbel verbleiben noch bis in die 80er Jahre in nachgeordneten Formationen bei der Truppe, bis auch sie verkauft wurden. Ob dabei gewisse Mengen vorher auch zivilen Polizeibehörden oder auch Wach & Schließgesellschaften zum Kauf angeboten wurden, oder ob dies erst nach dem Verkauf durch den oder die Händler geschah, ist zumindest mir nicht bekannt.

Ich würde aber davon ausgehen, daß der Scheidenumbau erst zu diesem Zeitpunkt erfolgte. Da bei solchen Veräußerungen aus Militärbeständen auch die nicht mehr benötigten Reste und Einzelteile zum Metallwert mit verkauft wurden, mag die Klingenmontage auch erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt sein. Hinzu kommt, daß Waffe und Scheide nicht nummerngleich ist und die Zusammenführung erst ab diesem Zeitpunkt erfolgt sein dürfte. Das könnte auch der Zeitpunkt für den ominösen Querniet sein. Ob diese Änderungen sowie die Zusammenführung von Waffe und Scheide von Sammlern, Kostümverleihern oder einer Schutzmannschaft vorgenommen wurden, ist heute kaum noch belegbar.

Die preußische Landgendarmerie sowie die Gendarmerie-Brigade für E.L. trugen zeitweise das normale Infanterie-Modell, nicht die hier gezeigte Ausführung für die Schutzmannschaft! Ein „L.G.“ oder „R.G.“ –Stempel hätte auf der Waffe auch nichts zu suchen.

Gruß

ulfberth



www.seitengewehr.de
07.04.12, 12:29:45

Preussen

(Mitglied*)

Guten Tag Ulfberth,
vielen Dank für die ausführliche Stellungnahme und die interessanten Informationen.

08.04.12, 18:11:26

ulfberth

(Moderator)

In der Sammlung Kroker befindet sich ein Stück mit dem ungelöschten Stempel der preußischen (?) Landgendarmerie und der Waffennummer "10". Bei dem Mundblech dürfte es sich aber um das eines Seitengewehres für Fußgendarmen ("Fahnenträger-SG") handeln. Hier wurde ebenfalls eine Ringöse mit Ring angelötet sowie ein Mittelblech aufgeschoben.

Der dabei gezeigte Säbel ist auf dem Bügel gestempelt mit METZ.

Inventar-Nummer B 43 D

Die Seitengewehre für Fußgendarmen fanden bis zum Kriegsende Verwendung. Auch weisen die mir bekannten preußischen Stücke außer dem "L.G.-Stempel" keine Waffennummer auf. Folglich bleibt bei dem Stück vieles spekulativ.

Siehe auch: Wolfgang Kroker und Marco A. R. Leutenegger [Hg]; Ein Säbel erobert Europa - Die Verbreitung des "Sabre Briquet". Sammlung Wolfgang Kroker aus der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen. 2. überarbeitete Auflage 2008. Schriftenreihe des Kantonalen Museums Altes Zeughaus Solothurn Heft 23. Solothurn 2008.


www.seitengewehr.de
12.04.12, 09:32:07

Preussen

(Mitglied*)

Guten Tag,
bei eGun wird unter
http://www.egun.de/market/item.php?id=6023262
das Wrack eines „briquet“ angeboten bei dem sich im Griffstück, wie bei der von mir vorgestellten Waffe, ebenfalls eine Bohrung befindet die u.U. zur Aufnahme eines Niets vorgesehen war. Das würde zwar immer noch nicht die Sinnhaftigkeit einer solchen Befestigung erklären aber meinem Stück das Alleinstellungsmerkmal nehmen.
Gruss
Preussen


01.07.16, 13:23:22

mario

(Administrator)

http://www.deutsches-blankwaffenforum.de/topic.php?id=5122&

Der Sinn wäre, dass die Angel fest sitzt. Ist doch wie beim Niet im Griffkappenlappen.
Gruß Mario


123
01.07.16, 13:44:14
Gehe zu:
Benutzer in diesem Thema
Es lesen 0 Gäste und folgende Benutzer dieses Thema:
Archiv
Powered by: phpMyForum 4.2.1 © Christoph Roeder