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corrado26

(Super-Moderator)

Ich möchte nicht versäumen, den Freunden altpreußischer Husarenherrlichkeit eine ihrer herausragendsten Waffen vorzustellen, deren Originale heute mindestens ebenso dünn gesät sind, wie ihre Blankwaffen.

Kurzer Husarenkarabiner 1742
Heller Nussbaumvollschaft mit Kuhfußkolben und ovalen Schaftverschneidungen. Messingbeschläge bestehend aus halbem Nasenband am Vorderschaft, zwei kanellierten Ladestockröhrchen, einteiligem Abzugsbügel mit vorderer und hinterer Verlängerung, Kolbenblech mit ausgeprägter Kolbenblechnase auf der Kolbenoberseite, flachem, schlangenförmigem Gegenblech mit drei Schrauben und ovalem Daumenblech auf dem Kolbenhals. Konischer, in späterer Zeit ersetzter eiserner Ladestock mit konischem Stoßteil. Messing-Ovalkorn auf dem Lauf, Kimme in das Schwanzschraubenblatt eingefeilt. Flaches Steinschloss 1742 mit abgeschrägten Kanten und ebensolchem Schwanenhalshahn, die eckige Eisenpfanne ohne Verbindung zur Batterie, die Batteriefeder von der Schlossinnenseite her verschraubt. Eiserne Sattelstange mit beweglichem Ring an der linken Seite, ihr um Lauf und Schaft fassender Befestigungsring aus Eisen. Lauf auf seiner gesamten Länge rund, am Pulversack mit zwei Kanellierungen; Lauf/Schaftverbindung durch Kreuzschraube, Sattelstangenring, vordere Riemenöse und zwei Stifte. Ungewöhnlicherweise besitzt der Karabiner zusätzlich zu seiner Sattelstange zwei Riemenösen an Kolbenunterseite und am Vorderschaft, hinter dem ersten Ladestockröhrchen.
Hersteller Königliche Gewehrfabrik Potsdam-Spandau, betrieben durch Splitgerber & Daum, Herstellungszeitraum zwischen 1742 und 1775, entsprechende Herstellersignatur „POTZDAMMAGAZ“ auf dem Schlossblech außen; „S et D“ an der unteren Schrägkante des Schlossblechs, Herrscher-Monogramm „FR“ unter Krone auf dem Daumenblech, Güteprüfstempel in stilisierter Adlerform auf dem Lauf oben und links.

Gesamtlänge 901mm, Lauflänge 520mm, Schlosslänge 147mm, Kaliber des glatten Laufs 16,91mm, Gewicht 2.552g

Den zahlenmäßig größten Anteil an der Husarenbewaffnung stellte der kurze Husarenkarabiner M 1742. Die Regimenter N°1, N°5, N°6, N°8 und N°10 führten ihn ganz oder teilweise zusammen mit dem mittleren Husarenkarabiner M 1742.
Wie dieser wurde der kurze Karabiner seit 1742 bis 1786 in der Gewehrfabrik Potsdam-Spandau gefertigt und erst ab 1787 modifiziert.
Warum die preußische Husarentruppe von Regiment zu Regiment, ja sogar innerhalb eines Regiments eine unterschiedliche Karabinerbewaffnung geführt hat, konnte bis heute leider nicht geklärt werden, zumal das im Jahre 1743 ausgegebene Reglement für die preußischen Husaren-Regimenter mit keinem Wort auf diesen Unterschied eingeht. Bekannt ist lediglich, daß Friedrich der Große in einer Kabinettsordre vom 11. Januar 1742 in der Frage der Beschaffung neuer Husarenkarabiner dem damit befassten General Massow mitteilt, „daß ich die Proben so wohl von denen, so ich von dem Daun bestellet habe, als auch von denen, welche ihr machen lassen wollet, gegeneinander sehen will. Den Unterschied von langen (d.h. mittleren, d. Verf.) und kurzen Karabinern, auch von gezogenen und ohngezogenen will ich absolute haben. Auswärts solle keine von diesen Karabinern gemachet werden; was also davon bey uns gegen Anfang der Campagne fertig werden kann, ist gut; was nicht fertig werden kann, muss nachher gemachet, inzwischen aber denen Husaren-Regimentern aus dem Zeughause allhier Reuter (d.h. Kürassier- d. Verf.) Karabiner gegeben werden“.
Dies verdeutlicht, daß der Längenunterschied der Karabiner auf den Entschluss des Königs zurückzuführen ist, wobei jedoch die Beweggründe dazu, möglicherweise taktische, möglicherweise aber auch nur praktische Erwägungen, unbekannt blieben.

Vergl. hierzu:
Reglement vor die preußische Kavallerie, Berlin 1743
Winter, G.: Hans Joachim v. Zieten, eine Biographie, Leipzig 1886, 2 Bde., Bd.2, S.61

Gruß
corrado26


25.10.11, 16:36:27

Zietenhusar

(Supporter)

Was für ein herrlicher Karabiner. Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung und die detailreichen Abbildungen.
Zitat von corrado26:
Warum die preußische Husarentruppe von Regiment zu Regiment, ja sogar innerhalb eines Regiments eine unterschiedliche Karabinerbewaffnung geführt hat, konnte bis heute leider nicht geklärt werden...
Meine Theorie dazu: Ich würde den Unterschied der Beschaffungsstrategie der jeweiligen Regimentschefs zuschreiben, welche die Uniformierung und Bewaffnung in Eigenregie vornahmen und vom Etat den Rest anderweitig nutzen durften.
Die Mischbewaffnung innerhalb eines Regimentes könnte ebenso durch die seinerzeit stattgefundenen Regimentsneuerrichtungen oder -umbildungen und die dafür von anderen Regimentern abkommandierten Offiziere und Mannschaften herstammen.

Gruß,
Thomas

25.10.11, 17:23:22

corrado26

(Super-Moderator)

Zitat von Zietenhusar:
Ich würde den Unterschied der Beschaffungsstrategie der jeweiligen Regimentschefs zuschreiben, welche die Uniformierung und Bewaffnung in Eigenregie vornahmen und vom Etat den Rest anderweitig nutzen durften.


Das glaube ich nicht. Der König hatte den Längenunterschied offensichtlich angeordnet und somit stand es den Herren Regimentschefs sicherlich nicht anheim, nach eigenem Gusto zu verfahren

Zitat von Zietenhusar:
Die Mischbewaffnung innerhalb eines Regimentes könnte ebenso durch die seinerzeit stattgefundenen Regimentsneuerrichtungen oder -umbildungen und die dafür von anderen Regimentern abkommandierten Offiziere und Mannschaften herstammen.


Das klingt plausibel!
Gruß
corrado26

25.10.11, 17:35:42

Zietenhusar

(Supporter)

Zitat von corrado26:
Der König hatte den Längenunterschied offensichtlich angeordnet und somit stand es den Herren Regimentschefs sicherlich nicht anheim, nach eigenem Gusto zu verfahren
Wenn die genannte Kabinettsordre vom 1742 gemeint ist, dann könnte man davon ausgehen, daß in den stattfindenden und darauffolgenden Kriegsjahren vieles spontan anderweitig beschafft werden mußte und eventuell auch experimentiert wurde. Alles nur Theorie, aber man kann ja darüber sinnieren.

Vielleicht fällt mir ja dazu mal etwas in die Hände, obwohl das 2. Husarenregiment (Zieten) nicht direkt betroffen zu sein scheint.

Gruß,
Thomas

25.10.11, 17:44:52

corrado26

(Super-Moderator)

Zitat:
Vielleicht fällt mir ja dazu mal etwas in die Hände, obwohl das 2. Husarenregiment (Zieten) nicht direkt betroffen zu sein scheint.


Da liegst Du absolut richtig! Bei der preußischen Reiterei gab es drei verschieden lange Karabiner mit glattem Lauf:

- lange Karabiner mit vier Ladestockröhrchen für die
Kürassiere
- mittlere Karabiner mit drei Ladestockröhrchen für die
Husaren
- kurze Karabiner mit zwei Ladestockröhrchen, ebenfalls für
die Husaren.

Die Husarenregimenter 2 und 3 haben seit ihrer Errichtung zumindest bis 1788 den langen Kürassierkarabiner geführt, so geht es jedenfalls aus der Arbeit von Arnold Wirtgen hervor.
Gruß
corrado26

25.10.11, 18:00:56

Zietenhusar

(Supporter)

Hallo Udo,

ich habe die Erlaubnis von Wim Lammertijn erhalten seine Fotos eines wohl gleichen Gewehres in unserem Forum zu verwenden. Das Gewehr befindet sich in Belgien und wurde dem Museum van Deinze en de Leiestreek gespendet. Mindestens das Messingteil vorn am Lauf sieht ergänzt aus.

Leider hat er (noch) keine Maßangaben gemacht.

Ich bin mir nicht sicher, ob es in die Ausstellung gelangt, da ein preußisches Gewehr eher nicht zum Kontext des Museums gehört.

Was meinst Du, ist es das gleiche Modell? Soll ich die Maße nachfragen?

Gruß,
Thomas

12.09.21, 11:22:20

corrado26

(Super-Moderator)

Ich bin sicherm, dass das ein originaler kurzer Husarenkarabiner 1742 ist, auch die Halbschale an der Mündung ist sicherlich original. Die fehlenden Schrauben und die Sattelstange dürften für einen guten Restaurator kein Problem darstellen, zumal der Sattelstangen-Laufring noch vorhanden ist. Wohl zeitgenössisch, aber nicht zum Karabiner gehörig dürfte der Ladestock mit der Messingummantelung sein, der stammt wahrscheinlich von einem gezogenen Uffz-Karabiner.


12.09.21, 12:39:48

Zietenhusar

(Supporter)

Vielen Dank.

12.09.21, 13:04:21
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