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corrado26

(Super-Moderator)

Ich besitze einen Pallasch mit relativ kurzer Klinge und einem gegossenen Messinggefäß mit Handbügel und drei Terzspangen. Die Klinge zeigt auf beiden Seiten die Chiffre "FFM / ZBVH" (Friedrich Magnus Markgraf zu Baden und Hochberg) dazwischen ein badisches Wappen zwischen Palmzweigen. Derartige Klingen sind in grösserer Zahl im Bestand des Wehrgeschichtlichen Museums Rastatt vorhanden, allerdings nur mit bis heute nicht abgeklärten Holzgriffen. Im Baden-Band von Gerd Meier ist ein solches Holzgriffstück abgebildet und auch beschrieben.
Das Stück stammt entsprechend der Klingensignatur ganz eindeutig aus der Regierungszeit von Markgraf Friedrich Magnus 1647-1709. Und im Gegensatz zu der Meinung Meiers, der die Klingen mangels Gefäßen für nicht ordonnanzmäßig hielt, denke ich, dass das hier gezeigte Stück als ordonnanzmäßig anzusprechen ist. Allerdings ist unklar, für welchen Truppenteil die Waffe bestimmt war. In Frage kommen eigentlich nur die zu Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges aufgestellten zwei badischen Bataillone zu Fuß und eine Dragonerkompanie - wenn man denn das Gefäß für so alt hält.
Klingenlänge 635mm, Gersamtlänge 775mm, Klingenbreite 35mm.

Vielleicht weiß jemand etwas mehr zu diesem Stück.
Gruß
corrado26

21.06.09, 13:39:33

Zietenhusar

(Supporter)

Hallo corrado26,

rein intuitiv würde ich den Griff in die Zeit zwischen 1760 und 1810 einordnen.

Bei der Klinge fehlt die Gesamtansicht und Fotos der Klingenspitze. Bei so kurzen Klingen muß geklärt werden, ob sie ursprünglich so hergestellt, oder später gekürzt wurden. Bekannt sind Pallasche mit kurzen Klingen bei der Artillerie; kurzklingige Seitenwaffen allgemein auch bei den Grenadieren. Wissen um die Bewaffnung badischer Regimenter habe ich nicht.

Dragoner könnten Träger gewesen sein, dann müßte aber noch geklärt werden, ob sie die blanke Waffe im Kampf zu Fuß, oder vom Pferd aus, gebraucht hatten. Bei letzterem ist die Waffe, aufgrund der geringen Reichweite, ungeeignet.

Gruß,
Thomas

22.06.09, 19:30:48

Kemira

(Mitglied)

Hallo corrado26, habe deine Frage an einen Sammler badischer Waffen weitergegeben. Er hat die Klinge einem Faschinenmesser mit Messingbügelgriff zugeordnet, so ein Teil befindet sich in seinem Besitz. Würde auch den Klingenabmessungen entsprechen.
Werde mir das Sück mal in den nächsten Tagen anschaun und ein Foto als Vergleichsstück einstellen.
Kann es sein, daß der Griff (Säbel) alt mit der Klinge komplettiert wurde ??

Bis demnächst

Karl-Heinz


suche deutsche Faschinenmesser
22.06.09, 20:41:11

corrado26

(Super-Moderator)

Anbei noch ein Bild der Klingenspitze. Ein Gebrauch als Faschinenmesser kann nach meiner Ansicht nicht in Frage kommen, da es nach meiner Kenntnis derartiges zur fraglichen Zeit, also vor 1709 - zumindest in Baden - nicht gegeben hat. Auch erscheint mir die Klinge dafür viel zu lang. Zudem gab es zur fraglichen Zeit in der Markgrafschaft Baden-Durlach keine Truppe, die für das Führen eines Faschinenmessers in Frage gekommen wäre.

Wie ich im ersten Schreiben erwähnt habe, besitzt das WGM in Rastatt etwa 12 Klingen dieser Art, alle jedoch mit ganz einfachem Holzgriff, von denen bis heute niemand weiß, zu welchem Zweck sie gefertigt wurden.

Zur Frage von Zusammengehörigkeit von Klinge und Gefäß kann ich auch nur Vermutungen anstellen. Wie man auf den Fotos deutlich erkennen kann, zeigt das Gefäß deutlichste und sicherlich sehr alte Verschmutzungen im Bereich der Wicklung und Belederung, die auf einen sehr intensiven Gebrauch der Waffe schließen lassen. Auch der Angelniet ist absolut alt und zeigt keinerlei Zeichen neuzeitlicher Manipulation. Interessant in diesem Zusammenhang erscheint mir die dreifache Griffwicklung mit Messingdraht zu sein, die vielleicht auf eine offiziermäßige Verwendung hinweisen könnte.
GRuß
corrado26


23.06.09, 08:48:51

limone

(Super-Moderator)

Zitat von corrado26:
Interessant in diesem Zusammenhang erscheint mir die dreifache Griffwicklung mit Messingdraht zu sein, die vielleicht auf eine offiziermäßige Verwendung hinweisen könnte.
Bezüglich der zeitlichen Einordnung des Griffes stimme ich Thomas zu; die Wicklung ist, eher nicht so häufig anzutreffen, sogar vierfach: 2x gegenläufig verdrillt mit glatten Drähten eingefasst.

Die im WGM Rastatt vorhandenen Stücke sind ja mit ihrem schlanken Holzgriff und fehlender Parierstange als Fechtwaffe ziemlich untauglich - vielleicht hat das jemand in früher Zeit zum Anlass genommen, diese Klinge mit einem "vernünftigen" Griff zu versehen - alles Spekulation...

Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
23.06.09, 21:38:24

Zietenhusar

(Supporter)

Auch wenn ich etwas vom Thema abschweife, aber diese im WGM befindlichen, und hier erwähnten Griffe würden mich mal interessieren. Sind diese dort öffentlich ausgestellt, bzw. hat jemand Fotos davon?

23.06.09, 22:28:53

Kemira

(Mitglied)

Habe das badische "Stück" bei meinem Bekannten fotografiert, vielleicht nur eine Variante zu dem gezeigtem Stück. Klingenabmessungen 640mm Länge, 30mm Breite Gesamtlänge 780 mm. Klinge beidseitig beschriftet MMF " Markgraf Magnus Friedrich und ZBVH " zu Baden und von Hochberg". Wobei die Anordnung auf der Klinge andesrtartig ist. Zudem die Zeichen DL für Durlach ??

Hier Gesamtbild und Klinge


Karl-Heinz




suche deutsche Faschinenmesser
24.06.09, 21:37:31

Kemira

(Mitglied)

Und hier Bilder vom Griffstück

Karl-Heinz


suche deutsche Faschinenmesser
24.06.09, 21:39:36

limone

(Super-Moderator)

Hallo Thomas,
in Ermangelung eines Fotos eine Handskizze (frei nach Maier) des Holzgriffs.

Rein ästhetisch betrachtet passt corrados Griff von den dreien eindeutig am besten zur Klinge - vielleicht hat er ja noch ein Foto des merkwürdigen Holzgriffes!

Klingen sind damals wertvoll gewesen und eine "Zweitnutzung" kein besonderer Einzelfall. Interessant bleibt, herauszufinden, welcher Griff die F.F.M.-Klingen ursprünglich geschmückt hat! Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass das dieser Holzgriff gewesen sein soll.

Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
24.06.09, 23:36:04

corrado26

(Super-Moderator)

Nein, ein Foto von einem Stück aus dem WGM mit Holzgriff habe ich leider nicht, aber die Zeichnung gibt es exakt wieder. Respekt!

Wenn ich mir die Fotos von Kemira anschaue und das Gefäß sehe, kommt mit fast zwangsläufig das Gefäß des preußischen Infanteriesäbels M 1715 in den Sinn, der sich davon in der Hauptsache ja nicht besonders unterscheidet. Da könnte es doch dann leicht fallen, das Teil mit dem halben Stichblatt aus Baden rund zehn Jahre früher, in die Zeit um 1705-09 zu datieren. Damit wäre die Verwendung bei den beiden damals neu aufgestellten Grenadier-Bataillonen Durlach plausibel und auch das "DL" auf den Klingen erklärt.
Gruß
corrado26

25.06.09, 08:26:59
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