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limone

(Super-Moderator)



"Das Schwein aus Kassel" *)


...so ein schwedischer Biograf über Landgraf Friedrich I. von Hessen Kassel, durch seine (2.) Ehe mit Ulrike Leonora, Schwester des Schweden-Königs Karl XII. nach dessen Tod 1718 auch König von Schweden. "Friedrich füllte seine Zeit nun mehr mit Jagd und Umgang mit Günstlingen und Mätressen..."
(Bild 1 unten: ein Artikel aus der HNA vom 11.05.2009 zum Thema).

Sein Enkel Friedrich II. von Hessen-Kassel "vermietete" Soldaten für den Krieg in Amerika an England. Im Jahre 1785 starb Friedrich als einer der reichsten Fürsten Europas überraschend an einem Schlaganfall - sein Nachfolger Wilhelm IX. (ab 1803: Kurfürst Wilhelm I.) freute sich bei Regierungsantritt 1785 über das gefüllte Staatssäckel. In seine Regierungszeit fällt die "Exilperiode" 1806-13, in der Jerôme von der Wilhelmshöhe (zu dieser Zeit: "Napoleonshöhe") das Königreich Westphalen regierte. Wilhelm ließ umfangreiche Erweiterungen im Bergpark Wilhelmshöhe ausführen und die Löwenburg erbauen. Sie diente als Wohnsitz für seine Geliebte, Karoline von Schlotheim, die spätere Reichsgräfin Hessenstein (Neben seinen vier legitimen Nachkommen hatte er mehrere Mätressen und fast zwei Dutzend weitere Kinder.).

1821 wurde sein Sohn, Wilhelm II., Kurfürst von Hessen-Kassel - dieser heiratete Prinzessin Auguste (1780-1841), Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. - keine glückliche Wahl. 1821 erhob Wilhelm II. seine Geliebte, die Juwelierstochter Emilie Ortlepp aus Berlin (Bild 2 unten - mit Literaturempfehlung für "Klatschtanten"), zur Gräfin von Reichenbach und später zur Gräfin von Lessonitz. Das Paar hatte acht Kinder und die Kurfürstin Auguste (Bild 3 unten) und der Kurprinz (Bild 4 unten) zogen sich vom Hof zurück.

Dieser söhnte sich mit seinem Vater 1830 wieder aus und wurde "Mitregent" - der Alte zog sich mit "der Reichenbach" in den Süden Hessens zurück (besser zwinkern , denn immer, wenn "die Reichenbach" in Kassel auftauchte, kam es zu Bürgerunruhen) und erfreute sich im Spielkasino (Finanziell konnte nichts passieren, da seine Holde mit dem Kasinobesitzer eine geheime Vereinbarung getroffen hatte: Sie vereinbarten einen Höchstbetrag für Gewinn und Verlust: Verlor der Kurfürst höher, zahlte der Kasinobesitzer der Reichenbach/Lessonitz den Differenzbetrag, gewann der Kurfürst höher, erstattete sie zurück.). Der Kurfürst wusste von nichts und hatte seinen Spaß. lachen

Um die Familienverhältnisse des Kurprinzen stand es nach den Maßstäben des 19. Jahrhunderts nicht zum Besten. In seiner Studienzeit in Bonn hatte er die mit einem preußischen Leutnant verheiratete Gertrude Lehmann kennen gelernt, die Scheidung von ihrem Mann erreicht und heiratete sie im August 1831 morganatisch. Sie war bürgerlich und damit nicht standesgemäß und als Geschiedene als Frau eines Thronfolgers inakzeptabel. Nach seinem Regierungsantritt ernannte er sie zur Gräfin von Schaumburg und später zur Fürstin von Hanau (Bild 5 unten). "Friedrich Wilhelm I. neigte zu Arroganz und Selbstüberschätzung, war von seinem Gottesgnadentum und dem monarchischen Prinzip bedingungslos überzeugt und intellektuell, trotz all der dem widersprechenden Ereignisse seiner Regierungszeit, darüber auch nicht zu kritischer Reflexion fähig. An den Aufgaben des Landesherren zeigte er kein Interesse, dafür aber um so mehr hinsichtlich mit dieser Position verbundenen Status und Rechten. (...) Die österreichorientierte Politik des Kurfürsten und die extreme Unbeliebtheit bei seinen Untertanen führten dazu, dass die Annexion des Kurfürstentums durch Preußen nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 in Hessen allgemein begrüßt und der ins böhmisch-österreichische Exil entschwundene ehemalige Landesherr kaum vermisst wurde."

Dies hatte der französische Gesandte am Kurfürstlichen Hof, de Cabre, bereits am 22.7.1822 vorhergesehen, als er über Wilhelm II. nach Paris schrieb:

"Les bizarrieries de feu l'Ecteur sont effacées par celles de son fils, tout le monde regrette feu l'Ecteur."

und am 10.3.1823:

"Ce prince est fou...".

Baron Hruby, der österreichische Gesandte, am 19.12.1831 über den Sohn, Friedrich Wilhelm:

"Es ist sehr zu bedauern, daß leider der Kurprinz zu den Persönlichkeiten zu gehören scheint, welche, die Geißel unserer Zeit, durch ihr verkehrtes, unsinniges Benehmen das Prinzip der Legitimität mit der Ehre und dem Gewissen seiner eifrigsten Anhänger stets in Kollision zu bringen wissen, und auf diese Weise selbst die gefährlichsten Helfershelfer der Feinde der Ruhe und Ordnung werden."

Und zu guter letzt Graf Béarn, der Nachfolger de Cabres, am 22.8.1843:

"Peut-être est-ce un bonheur de voir travailler elle-même à son extinction, une branche princière qui, depuis tant d'années, semble une tache au milieu des cours souveraines qui l'environnent."

Sinngemäß übersetzt: "Vielleicht ist es ein Glück, sie an ihrer Auslöschung arbeiten zu sehen; der Spross eines uralten fürstlichen Geschlechts erscheint als ein Schandfleck in der Mitte des fürstlichen Hofes, der ihn umgibt."

Nun aber genug mit Klatsch und Tratsch aus Kurhessen lachen ,
ich denke, das genügt als kleine Einstimmung für den Besuch des ein oder anderen in Kassel nächstes Wochenende zwinkern

Grüße und bis Freitag

Carsten

*) Ich weiß, ulfberth: Das goldene gestreifte Tier mit Schwert und Krone ganz oben ist kein Schwein, das ist ein ... Kamel!? zwinkern


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
19.05.09, 21:38:56

corrado26

(Super-Moderator)

Herzlichen Dank für diesen herzerfrischenden Beitrag zur hessischen (Skandal-)Geschichte.

Derartiges lässt sich aber sicherlich beim gesamten Hochadel Europas finden. Die waren damals nicht besser oder schlechter, als unsere Großkopfeten heute. Nur mit dem Unterschied, dass damals das Volk nicht gefragt wurde, von wem es regiert werden wollte. Heute hingegen wählen wir unsere Schandflecken selbst. Das ist ein echter Fortschritt mit Augen rollen
Gruß
corrado26

20.05.09, 08:29:44

limone

(Super-Moderator)

"Will niemand glücklich machen, selbst nicht glücklich!"

erwiderte Kurfürst Friedrich Wilhelm mürrisch auf den Antrag eines Ministers, einen kinderreichen, verdienten Beamten durch eine Gehaltsaufbesserung glücklich zu machen.


Wurden Friedrich Wilhelm Gesuche zur Entscheidung vorgelegt, so verfügte er grundsätzlich das Gegenteil von dem, was beantragt wurde:

Einem Beamten, der zu einem Familienfest fahren wollte, gab er erst Urlaub, als der Termin bereits vorüber war.

Einem Adjudanten, der sich verheiratete, stellte er nach der Trauung einen Befehl zu, der ihn zur sofortigen Abreise nötigte und die junge Frau in Tränen zurückließ.

Bereitet einer der fremden Gesandten ein Diner vor, so befahl der Kurfürst seine Gäste für den selben Tag an seine Tafel und vergällte dadurch die Festlichkeit.

Wurde einem fremden Diplomaten bei seiner Abberufung die Wahl zwischen einem Orden und einer Tabatiere freigestellt, so bekam er, wenn er einen Orden erbeten hatte, eine Tabatiere und umgekehrt - vorausgesetzt, dass der Kurfürst es nicht vorzog, die Spende überhaupt zurückzuhalten.


Vielfach erbat man daher das Gegenteil von dem, was man zu erreichen wünschte:

Um sich in einem angenehmen Posten zu halten, kam ein höherer Beamter jahrelang um seine Versetzung ein, weil ihm das Klima schädlich sei.

Ein junger Gelehrter erreichte seine Beurlaubung zur Teilnahme an einer Polarfahrt, weil der diensthabende Adjudant dem Kurfürsten versicherte, der Antragsteller sei schwindsüchtig und seine Familie werde die Verweigerung des unsinnigen Gesuchs als Wohltat empfinden.

Kein Wunder, wenn sich, wie Robert von Mohl versichert, eine Zeitlang der Gedanke regte, Friedrich Wilhelm für wahnsinnig erklären zu lassen. Ärztliche Unterlagen für einen solchen Schritt sollen nach seiner Angabe im Geheimen bereit gelegen haben, sie wurden aber schließlich nicht benutzt,

weil der präsumtive Thronfolger nicht besser war als der Kurfürst. traurig


Aus:
Joachim Kühn: Der Untergang einer Dynastie. Kurhessische Hofgeschichten 1821 bis 1866. Nach ungedruckten Dokumenten aus den Archiven von Paris, Wien, Berlin und Kassel, Berlin 1929, S. 222ff.
Foto aus:
Prof. Dr. Hugo Brunner: Geschichte der Residenzstadt Cassel 913-1913. Zur Feier des tausenjährigen Bestehens der Stadt, Cassel, 1913.



     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
20.05.09, 18:17:33

limone

(Super-Moderator)

Im Oktober 1850 reichten 241 von 277 kurhessischen Offizieren Entlassungsgesuche ein, davon vier Generale und sieben Obristen.
Dieser "Generalstreik" des Offizierscorps, einmalig in der deutschen Geschichte, machte das kurhessische Militär handlungsunfähig.


Wen's interessiert, warum freuen :

Hier klicken
(Vita Ludwig Hassenpflug - Im Volksmund: Der "Hessenfluch").


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
21.05.09, 23:01:20

limone

(Super-Moderator)

Zitat von limone:
Die österreichorientierte Politik des Kurfürsten und die extreme Unbeliebtheit bei seinen Untertanen führten dazu, dass die Annexion des Kurfürstentums durch Preußen nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 in Hessen allgemein begrüßt und der ins böhmisch-österreichische Exil entschwundene ehemalige Landesherr kaum vermisst wurde.


Zwei Dokumente aus dieser Zeit:

Eine Bestallungsurkunde, unterzeichnet "Cassel, am 16ten August 1860" von Kurfürst Friedrich Wilhelm
(Im Oktober diesen Jahres lieferte Henschel & Sohn, Cassel, die 50. Lokomotive aus.)

und

eine Versetzungsurkunde, unterzeichnet "Cassel, am 20. August 1866" vom preußischen "General-Gouverneur des Kurfürstentums Hessen", dem Königlich Preußischen General der Infanterie Franz von Werder.

Am 8. Oktober 1866 gegen 11 Uhr erfolgte dann vom Balkon des Roten Palais am Friedrichsplatz in feierlicher Form die offizielle Verkündung, dass Kurhessen nun zum Königreich Preußen gehöre.

(Der Vollständigkeit halber: Der Balkon des Roten Palais heute. mit Augen rollen )

Am 10. Dezember 1866 wurde dem Generalgouverneur von Kurhessen und General der Infanterie Franz von Werder (Bild 3 unten) "in Würdigung Ihrer besonderen Verdienste die Sie sich während Ihrer Wirksamkeit in ereignisreicher Zeit durch Milderung der Kriegslasten und durch Wahrnehmung der Rechte und Interessen unserer Stadt um diese erworben haben", das Ehrenbürgerrecht der Stadt Kassel verliehen, wogegen Kurfürst Friedrich Wilhelm I. am 6. Januar 1875 unversöhnt mit Preußen im Exil in Prag verstarb, nachdem er, ohne auf seine Hoheitsrechte definitiv zu verzichten, seine kurhessischen Untertanen - gegen eine angemessene finanzielle Abfindung - von den Pflichten gegen ihn entbunden hatte.

Wenn man die Unterschriften der beiden Herren vergleichend betrachtet, ist man geneigt, der Meinung zu folgen, dass sich der Charakter eines Menschen in seiner Handschrift widerspiegelt. zwinkern


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
04.09.09, 18:23:28

limone

(Super-Moderator)

Kurhessische Plauderei über die Haynaus...

In einer Broschüre des 1850 verabschiedeten Hauptmanns Jakob Dörr wurde der kurhessische Generalleutnant und Kriegsminister (und außereheliche Enkel des Kurfürsten Wilhelm I. und dessen zweiter Mätresse, Rosa Dorothea Ritter [mehr zu Rosa Dorothea unten]), Eduard von Haynau, der Feigheit bezichtigt, weil er General Friedrich von Specht nach einer Duellforderung, statt sich zu stellen, auf der Festung Spangenberg hatte festsetzen lassen.

Haynau forderte Dörr zum Duell auf, der sich aber nur stellen wollte, wenn von Haynau sich zuvor mit Specht duelliert hätte.

Über die Frage, ob die Duellforderung damit für von Haynau erledigt sei, kam es im Offizierskorps zu einer regelrechten Abstimmung. Da Eduard von Haynau bei der Mehrheit der Offiziere, die liberal gesinnt waren, wegen seiner Haltung im Verfassungskampf unbeliebt war, fand er dort keinen Rückhalt. Da die Angelegenheit gütlich nicht mehr beizulegen war, verabschiedete der Kurfürst seinen Oberbefehlshaber am 3. Januar 1863.

Drei Wochen später beging Haynau Selbstmord, da er keine Möglichkeit mehr sah, seine gekränkte Ehre wieder herzustellen.

____________

Jakob Dörr: Staatsdiener- und Staatsschwächen der Gegenwart, Ansichten und Thatsachen für alle, die es angeht und daran Interesse haben, Frankfurt a.M. 1862.

Kurhess. Urkundenbuch (Frkf. a. M. 1861); die mit Hauptmann Dörr gewechselten Erklärungen in: Hess. Morg.-Ztg. Nr. 1055, 1065, 1079, 1080.

Vgl. auch: Unsere Zeit, 1863; Kasseler Ztg. Nr. 23 vom 28. Jan. 1863.

Die Hess. Blätter in Melsungen brachten in Nr. 546 vom 20. August 1879 eine ausführliche Darstellung von Haynau’s letztem Streite aus der Feder eines seiner Gesinnungsgenossen. Daran schlossen sich enthüllende Mittheilgn. in Hess. Morg.-Ztg. 11. Sept., Hess. Bl. v. 18. Oct., 1. Nov. u. 3. Dec. u. Kass. Tagebl. 20. Aug. 1879.

Artikel "Haynau, Friedrich Wilhelm Karl Eduard Freiherr von" von Karl Wippermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 158–160, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: http://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haynau,_Eduard_Freiherr_von&oldid=1212478 (Version vom 1. September 2010, 20:12 Uhr UTC)


_______________


Rosa Dorothea Ritter war die zweite der drei Mätressen des Landgrafen und späteren Kurfürsten Wilhelm IX./I. von Hessen-Kassel. Dieser adelte sie als Gräfin "von Lindenthal". Das letzte der 8 gemeinsamen Kinder, Otto, erkannte Wilhelm IX. nicht an, warf seiner Mätresse Untreue vor und verbannte sie in das Schloss Babenhausen. Dort heiratete sie am 13. Februar 1794 ihren Aufpasser, den späteren großherzoglich-hessischen Kammerrat Johann Georg Kleinhans († 17. Februar 1835) und kam dadurch frei. Nachfahren aus dieser Ehe leben in den USA.

Die übrigen ihrer 7 Kinder wurden am 10. März 1800 von Wilhelm IX. legitimiert und zu Freiherren/Freifrauen von Haynau erhoben, darunter Wilhelm Karl von Haynau, der Vater von Eduard von Haynau (der mit dem Duell-Problem). Der Name "Haynau" ist, unter Einschiebung eines "y", dem Geburtsort des Erstgeborenen, Wilhelm Karl, "Hanau" entnommen.

Ein jüngerer Bruder von Wilhelm Karl wurde Feldzeugmeister der Österreichisch-Ungarischen Armee und übernahm als Nachfolger von Alfred zu Windisch-Graetz das Oberkommando in Ungarn. Er ging als "Hyäne von Brescia" und "Blutrichter von Arad" in die Geschichte ein: Julius Jakob Freiherr von Haynau (* 14.10.1786 in Kassel, † 14.03.1853 in Wien), über den Radetzky sagte, er sei "wie ein Rasiermesser, dass man nach Gebrauch sogleich in ein Futteral stecke müsse" (siehe Bild unten).

Aber das ist wieder eine andere Geschichte...


Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
01.09.10, 23:32:23

limone

(Super-Moderator)

Dieser ungefähr 150 Jahre alten Erkenntnis eines kurhessischen Offiziers ist auch aus heutiger Sicht eigentlich nichts hinzuzufügen...

Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
19.10.10, 21:41:42

limone

(Super-Moderator)

Zitat von limone:
1821 wurde (...) Wilhelm II., Kurfürst von Hessen-Kassel - dieser heiratete Prinzessin Auguste (1780-1841), Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. - keine glückliche Wahl. 1821 erhob Wilhelm II. seine Geliebte, die Juwelierstochter Emilie Ortlepp aus Berlin (Bild 2 unten - mit Literaturempfehlung für "Klatschtanten"), zur Gräfin von Reichenbach und später zur Gräfin von Lessonitz. Das Paar hatte acht Kinder und die Kurfürstin Auguste (Bild 3 unten) und der Kurprinz (Bild 4 unten) zogen sich vom Hof zurück.


Das hielt Kurfürst Wilhelm II. nicht davon ab, beim Tod seiner Gemahlin Auguste (der er selbst wahrscheinlich keine Träne nachgeweint hat) eine 12-wöchige Staatstrauer anzuordnen und damit vor allem seine weiblichen Untertanen zu quälen:

Die mussten sich schwarze Hauben und Schleier sowie schwarze wollene Kleider für die ersten 4 Wochen beschaffen, dann weiße Hauben und Schleier für die folgenden 4 Wochen (Stand: 20. Februar 1841); nein, lieber doch noch schwarze Hauben und Schleier, aber etwas kürzer (Stand: 15. März 1841).
Und für die letzten 4 Wochen schwarze seidene Kleider... Wahrscheinlich waren Frauen damals "führiger". zwinkern

Im Anhang die kurfürstliche Anordnung der Trauer vom 15ten März 1841.


Grüße

Carsten


P.S.:

Fast hätt ich's vergessen zu erwähnen (ist ja ein Blankwaffenforum! zwinkern ):

Im Text finden sich auch Anordnungen für zivile und uniformierte Herren bezüglich Degen und "Portépée" zur Trauerzeit!




     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
21.02.11, 21:07:06

limone

(Super-Moderator)

Wenn Mann sich nach der Lektüre des obigen Textes fragen sollte, was denn nun - in aller Welt - "Pleureusen" sind, sei ihm als erste Orientierung anheim gegeben:

'Straußenfedern am Hut' (Wenn ich diese Frauendinge, für die ich, weiß Gott, kein Fachmann bin, richtig verstanden habe mit Augen rollen ).

Genaueres findet sich bei http://www.suite101.de/content/damenmode-im-spaeten-kaiserreich-a42085#ixzz1FDDWgW36 (Frauengeschichten zwinkern ):


"Der Kontrast auf dem Kopf - das Wagenrad

Ein unverzichtbarer Bestandteil der Garderobe war der Hut: Keine anständige Dame konnte sich außerhalb des Hauses ohne Kopfbedeckung sehen lassen. Die Vielfalt an Hüten war immens, und die Putzmacherinnen verwendeten viel Fantasie auf die Dekoration ihrer Hut-Kreationen. Besonderer Beliebtheit erfreute sich das so genannte Wagenrad: Hierbei handelt es sich um einen ziemlich flachen runden Hut mit einem sehr großen Durchmesser. Die Hutkrempe ragte dabei oft weit über die Schultern der Trägerin hinaus. Spötter waren der Ansicht, dass diese Hüte den Umfang eines Familien-Esstisches hätten.

Beim Dekor war der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Früchte, künstliche Vögel und vor allem Federn schmückten diese Hüte, die für solche Extravaganzen ja genügend Platz boten. Besonders beliebt waren Straußenfedern, die wegen ihrer trauerweidenähnlichen Anmutung auch „Pleureusen" genannt wurden. Auch Schleier, die das Gesicht der Trägerin verhüllten, wurden sehr gern verwendet.

Der breite, üppig geschmückte Hut bildete dabei einen effektvollen Kontrast zur sehr schmalen Silhouette der damaligen Mode. Trotz aller Fragwürdigkeiten war die Mode raffiniert und unterstrich die feminine Eleganz ihrer Trägerin."



Vorstellbar ist das durchaus. Vielleicht hat ja jemand ein Foto lachen .

Bei dieser Gelegenheit könnte mir vielleicht auch jemand erklären, was "schwarze Eventails" sind - man lernt ja gerne stets dazu (auf dem nicht enden wollenden Weg zum "Frauenflüsterer" zunge raus ).


Carsten

Nach dem Geschriebenen:
Es sollen sich, so habe ich (unter der Hand) munkeln hören, vereinzelt Populationsanteile femininer Provinienz im Forum herumtreiben. Vielleicht bestünde, wenn dem so wäre, sogar die Möglichkeit, dass ich aus 'erster Hand' erführe, wie dem so sei... freuen


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
28.02.11, 02:26:00

limone

(Super-Moderator)

Zitat von limone:
Ludwig Hassenpflug - Im Volksmund: Der "Hessenfluch"

Da man ja heute, wie schon anderen Orts bemerkt, in der Lage zu sein glaubt, von der Handschrift von Personen auf Ihren Charakter schließen zu können, hier für Hobby-Grafologen die Unterschrift des "Hessenfluchs" auf einem Schreiben des kurhessischen Justizministeriums aus dem Jahr 1850.

Bild 1: Kopf des Schreibens
Bild 2: Fuß der letzten Seite mit Unterschrift


Grüße

Carsten


     Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen...
30.08.11, 20:29:46
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