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Murat

(Mitglied)

Hier mal ein interessantes Stück aus der späten Vorderladerzeit.

M 1855, französische Offizierspistole für Stabsoffiziere.
Eine recht seltene Ordonnanzpistole, deren Produktion gemäß der Empfehlung einer Kommission hochrangiger Militärs vom Anfang des Jahres 1855 mit Erlass vom 18.Januar 1856 in Auftrag gegeben wurde.
Bereits am 18.Oktober 1861 wurde allerdings vom Kriegsministerium wieder die Einstellung der Produktion verfügt.
Die Gründe hierfür waren erstens die hervorragende, aber zum Zeitpukt der Einführung technisch völlig überholte Konstruktion und zweitens die fehlende Möglichkeit zur Umstellung auf die im Jahre 1857 eingeführte Standard-Papierpatrone mit Minie-Geschoss.
Bereits im Jahre 1858 war bei der französischen Marine ein Trommelrevolver für Lefaucheuxpatronen eingeführt worden, womit die Zeit der militärischen Vorderlader eigentlich schon beendet war.
Die Pistole M 1855 hatte ein Kaliber von 17,1 mm, 48 Haarzüge und eine Laufkonstruktion nach dem von Delvigne entwickelten und bereits mit der Offizierspistole M 1833 eingeführten System, welches aber bald wegen verschiedener Unzulänglichkeiten durch das bessere Minie-System abgelöst wurde.
Die Läufe wurden wahlweise in verschiedenen Ausführungen, wie Stahl, Damast, braun bräuniert oder grau gebeizt geliefert.
Mit der Fertigung waren die Manufakturen von St. Etienne und Chatellerault beauftragt, die aber insgesamt nur ca. 10% dieser Pistolen fertigten.
Die restlichen 90% wurden von diversen zivilen Herstellern geliefert.Dies war möglich, da die Waffen von den Offizieren selbst bezahlt werden mussten und nur allgemeine Maße wie Kaliber,Gesamtlänge usw. vorgegeben waren.
Darüber hinaus konnten die Waffen je nach Geschmack und Geldbeutel des Bestellers geordert werden, woraus sich eine Vielzahl von Varianten ergab.
Aus diesem Grunde sind die Exemplare aus den kaiserlichen Manufakturen besonders selten.
Das vorliegende Realstück ist in der Manufaktur von Chatellerault gefertigt und entspricht damit genau dem ursprünglich reglementierten Modell.

Gruß

Murat


17.05.09, 19:25:24

Spolei

(Mitglied)

Hallo Murat,
ein sehr interessantes Teil.
Französische Waffen mit rückliegendem Schloß sind immer schön anzuschauen.
Mit welcher Technik wurden die Läufe abgefeuert?
Beide gleichzeitig?
Es ist nur ein Hahn zu sehen oder war dies eine "Wenderwaffe"?
Wozu diente der zweite Abzug, oder war es evtl. ein Stecher?
Gruß Andreas

18.05.09, 13:06:00

Murat

(Mitglied)

Hallo Andreas,

das Foto täuscht hier leider etwas.
Auf jeder Waffenseite befindet sich ein rückliegendes Perkussionsschloss und die Läufe werden nacheinander mit jeweils einem der beiden Abzüge abgefeuert.
Leider bedingte das System Delvigne beim Ladevorgang durch Stauchung eine gewisse Geschossdeformation, die dann nicht gerade zu einer gleichbleibenden Treffpunktlage führte.

Gruß

Murat

18.05.09, 14:38:54

Murat

(Mitglied)

Zum besseren Verständnis, hier noch die zeitgenössische Konstruktionszeichnung.

Gruß

Murat

18.05.09, 15:30:30

Spolei

(Mitglied)

Zitat von Murat:
Hallo Andreas,


Leider bedingte das System Delvigne beim Ladevorgang durch Stauchung eine gewisse Geschossdeformation, die dann nicht gerade zu einer gleichbleibenden Treffpunktlage führte.

Gruß

Murat

Ich denke, die Waffe wurde in erster Linie zum Nahkampf auf kurze Entfernung geführt, wo es auf Treffpunktlage nicht ganz so sehr ankam, zumal es sich bei doppelläufigen Waffen schwierig gestaltet einen einheitlichen Treffpunkt zu haben. Da braucht's schon einen guten Büchsenmacher (auch Heute noch).
Ob das Delvignie-Geschoß für die kurzen Läufe so der richtige Griff war, bleibt fraglich. Eine gepflasterte Kugel währe wahrscheinlich effektiver.
Zum Duell werden die Herren Offiziere das "gute Besteck" ausgepackt haben.
Gruß Andreas

19.05.09, 12:19:59
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